Am 05. Februar 1555 eröffnet König Ferdinand I. den Reichstag in Augsburg. Er soll den seit Jahrzehnten andauernden Konflikt zwischen Lutheranern und Katholiken beilegen.
1555: Eröffnung des Augsburger Reichstages von Michael Achhammer
Lange Zeit schien es so, als hätte sich Kaiser Karl V. mit der Reformation abgefunden. Der tiefgläubige Monarch musste mitansehen, wie sich immer mehr Menschen nördlich der Alpen der neuen Glaubenslehre anschlossen. Weite Teile Norddeutschlands waren im Verlauf nur weniger Jahrzehnte evangelisch geworden. Dabei wollte er seit dem Wormser Reichstag von 1521 die Anhänger Luthers in die katholische Kirche zurückholen – notfalls mit Gewalt.
Die Lage im Reich
Doch die langwierigen Kriege mit Frankreich und dem Osmanischen Reich hatten immer wieder Karls Aufmerksamkeit erfordert und seine Kräfte gebunden, während ihm die Reichsstände ein Zugeständnis nach dem anderen abpressten, um im Gegenzug seine Feldzüge zu finanzieren. Selbst nachdem es kaiserlichen Truppen gelungen war, den Schmalkaldischen Bund, einen Zusammenschluss protestantischer Herrscher und Städte, zu besiegen, formierte sich nur wenige Jahre später erneut Widerstand im Reich. Die Protestanten schmiedeten ein Bündnis gegen den Kaiser, dem sich dieses Mal sogar der französische König anschloss. Ab 1552 zogen protestantische Truppen durch Süddeutschland, während das französische Heer Städte jenseits des Rheins eroberte. In dieser Situation sah Karl sich dazu gedrängt, das Religionsdiktat gegen die Protestanten zurückzunehmen und über einen Frieden zu verhandeln. Da er aber nicht persönlich mit ihnen diskutieren wollte, schickte er seinen Statthalter.
Eröffnung des Reichstages
Am 05. Februar 1555 eröffnet deshalb der deutsche König und Bruder des Kaisers, Ferdinand I., in Augsburg den Reichstag. Ziel dieses Zusammentreffens ist es einen Frieden zwischen Lutheranern und Katholiken auszuhandeln: „Wir, Ferdinand, von Gottes Gnaden Römischer König, tun kund: Frieden soll herrschen im Hinblick auf die Religionsspaltung.“ Bereits bei der Eröffnung im Dom muss der König feststellen, dass er nur einer der wenigen Fürsten in Augsburg ist. Trotz des brisanten Verhandlungsthemas lassen sich die meisten Landesherren durch Juristen und Diplomaten vertreten. Sie gehen davon aus, dass es ohnehin nur um die Annahme der 1530 ebenfalls in Augsburg beschlossenen Bekenntnisschrift „Confessio Augustana“ gehen wird.
In Wirklichkeit ringen kaiserliche Räte, Diplomaten und Abgesandte mehr als sieben Monate lang um einen Ausgleich zwischen den Konfessionen. Die Abgesandten diskutieren um einige wichtige Fragen monatelang. Nach der langen Zeit erwartet man bald keine Einigung mehr. Am 25. September einigt man sich schließlich auf einen richtungsweisenden Kompromiss. Fortan besitzen Fürsten auf ihren Territorien Kirchen- und Konfessionshoheit und wählen zwischen katholischer Kirche oder Luthertum. Den Untertanen wird das Recht eingeräumt, auszuwandern, wenn sie nicht den Glauben des Landesfürsten oder des Landesherrn annehmen möchten. Später fassen Gelehrte das Vertragswerk mit der Formel „Cuius regio, eius religio – Wer regiert, bestimmt die Religion" zusammen.
Langer Weg zur endgültigen Gleichstellung
Der Augsburger Religionsfrieden ist die erste staatsrechtliche Verfügung in der westlichen Christenheit, die zwei Konfessionen zulässt. Doch die endgültige Gleichstellung der beiden großen Konfessionen soll erst durch den Westfälischen Frieden 1648 zustandekommen – nach 30 Jahren permanenten Kriegszustand, der weite Teile des Reiches verwüsten wird. Karl V. hingegen, der sich als Schutzherr der katholischen Kirche versteht, kann diesen Kompromiss nicht ertragen und wird bereits kurz nach dem Reichtstag abdanken.