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Im Zug mit ... Petra Hedorfer

Interview mit der Vorsitzenden des Vorstandes der Deutschen Zentrale für Tourismus e.V.

Petra Hedorfer
Petra Hedorfer, Vorsitzende des Vorstandes der DZT (Bild: © DZT)

Seit Beginn der Lutherdekade setzt die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) weltweit zusätzliche Akzente im Kulturtourismus, um attraktive Reiseanlässe für Gäste aus dem Ausland zu schaffen. Bereits in den letzten Jahren verdichteten sich die Anlässe: So beleuchtete die DZT 2012 – passend zum Schwerpunkt „Reformation und Musik“ – das 800jährige Bestehen der Thomaner. Das Themenjahr 2015 „Reformation – Bild und Bibel“ begleitete die DZT mit vielfältigen Aktivitäten zum 500. Geburtstag von Lucas Cranach dem Jüngeren. Kurz vor dem Reformationsjubiläum sind die Themen um Martin Luther und die Reformation ein Schwerpunkt auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB). luther2017.de sprach mit Petra Hedorfer, Vorsitzende des Vorstandes der DZT, über Themenkampagnen, den Luther-Tourismus und die Zeit nach 2017.

luther2017.de: Frau Hedorfer, wie wichtig ist die Lutherdekade und das Reformationsjubiläum 2017 für die deutsche Tourismusbranche? 

Petra Hedorfer: Das Reiseland Deutschland ist für seine kulturellen Schätze weltweit bekannt und belegt laut IPK International im Ranking der beliebtesten Kulturreiseziele der Europäer 2015 prominent den ersten Platz. Spirituelles Reisen und Kulturreisen sind in ausländischen Märkten deshalb wichtige Segmente bei unseren Aktivitäten zur Bewerbung des Reiselandes Deutschland.

2017 würdigen wir mit dem 500-jährigen Jubiläum der Reformation das wohl bedeutendste Ereignis auf dem Weg in die Neuzeit. Weltweit finden kulturelle, historische und religiöse Aspekte des Reformationsjubiläums heute schon vielfältige Aufmerksamkeit – auch durch die thematischen Schwerpunkte der Lutherdekade. Mit Martin Luther hat die Reformation außerdem eine große Symbolfigur, die mit ihrem Leben und Wirken ganz klar in Deutschland verortet ist. Damit sind die Voraussetzungen, Ereignisse und Stätten der Reformation weltweit auch touristisch zu vermarkten, ausgezeichnet.

Das 500jährige Jubiläum der Reformation ist hervorragend geeignet, ein modernes Deutschlandbild zu zeichnen und die starke Position Deutschlands als Kulturreiseziel im internationalen Wettbewerb weiter zu festigen. Daneben positionieren wir mit diesem Thema verstärkt das Segment „Spirituelles Reisen“ und sprechen bewusst die Zielgruppe der religiös motivierten Reisenden in den Auslandsmärkten an, um sie für eine Deutschlandreise zu gewinnen.

luther2017.de: Die Themenkampagne „Luther 2017 – 500 Jahre Reformation“ soll Touristen aus aller Welt ansprechen. Was darf man sich konkret unter dieser Maßnahme vorstellen? 

Petra Hedorfer: Wir vermarkten das gesamte Themenfeld bereits seit 2008 weltweit mit umfangreichen Aktivitäten. So haben wir zu den Themenjahren der Lutherdekade ‚Reformation und Musik‘ 2012 das 800-jährige Bestehen des Thomanerchores und zu ‚Bild und Bibel‘ 2015 den 500. Geburtstag von Lucas Cranach d.J. mit umfangreichen Marketingmaßnahmen unterstützt. Unsere große Themenkampagne „Luther 2017 – 500 Jahre Reformation“ im nächsten Jahr ist der Höhepunkt dieser Dekade.

Um das Reformationsjubiläum international erfolgreich zu positionieren, kooperieren wir bereits seit 2008 mit starken Partnern, wie der Geschäftsstelle „Luther 2017“, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), den Tourismusorganisationen der Bundesländer, bedeutenden Lutherverbänden, wie z.B. dem Verein „Wege zu Luther“, sowie wichtigen Luther-Städten. Im Fokus der DZT-Maßnahmen stehen acht Luther-Routen, die wir für internationale Zielgruppen konzipiert haben. 

Zentrales Informationsmedium ist unser Online-Portal www.germany.travel, das in 30 Sprachen umfangreichen Content zum Thema bietet. Dazu zählen wichtige Lebensstationen Luthers – wie etwa die Lutherstädte Wittenberg, Eisleben und Mansfeld, Torgau, Schmalkalden, die Wartburg in Eisenach, Erfurt, Augsburg, Coburg, Worms und Heidelberg. Kulturinteressierte Nutzer können zudem die wichtigsten Stationen Luthers in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bayern und Rheinland-Pfalz übersichtlich aufbereitet in Form einer interaktiven Landkarte nachvollziehen. Eine weitere Möglichkeit, die Lebensstationen des Reformators selbst zu erleben, ist der „Lutherweg“. Der über 2.000 Kilometer lange Wander- und Pilgerweg führt durch Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Hessen und Bayern entlang der Spuren von Martin Luther.

Das Thema Luther 2017 wird in alle unsere PR-Maßnahmen intensiv eingebunden. Damit ist es bis zum Jubiläum in rund 100 Pressekonferenzen und rund 50 PR-Events im Ausland präsent. Um über die touristisch relevanten Orte zu informieren, haben wir bisher schon über 50 Studienreisen für Presse und Trade organisiert. In den Sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter findet die Kampagne ihre markt- und zielgruppenspezifische Fortsetzung. 

In Richtung der Endkonsumenten werben wir mit einer Google-Kampagne in den definierten Schwerpunkmärkten und kreieren eine Social Media-Kampagne #luthercountry. Dazu haben wir als Printprodukt einen Katalog und einen Luther-Beileger für Medienkooperationen aufgelegt, der als eBroschüre weiter vermarktet wird.

Und: in Kooperation mit der Tourismuszentrale Nürnberg und Playmobil haben wir einen „Playmobil Luther“ entwickelt, der als Give-away weltweit eingesetzt wird und als Sonderbotschafter für das Jubiläum wirbt.

luther2017.de: Mit etwa 156 Millionen Protestanten sind die Vereinigten Staaten sicherlich einer der Kernmärkte Ihrer Aktivitäten. Mit welchen Angeboten werben Sie vor Ort für das Reformationsjubiläum in Deutschland?

Petra Hedorfer: Weltweit leben circa 72,3 Millionen Lutheraner. Noch wesentlich größer wird der Kreis potenzieller Interessenten, wenn wir die Anhänger der verschiedenen protestantischen Kirchen hinzurechnen. Aus touristischer Sicht für uns besonders relevante Quellmärkte sind sicherlich der US-Markt mit rund 4 Millionen, aber auch die Länder Skandinaviens mit rund 18,8 Millionen Lutheranern. So haben wir für das Thema insgesamt 10 Schwerpunktmärkte definiert; Europa: Niederlande, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Schweiz, Ungarn – Übersee: USA, Kanada und Südkorea. In diesen Ländern ist einerseits das Erbe der Reformation lebendig, andererseits sind sie starke bzw. wachsende Quellmärkte für uns. Darauf gehen wir mit vielfältigen marktspezifischen Aktivitäten ein. 

In den USA werben wir beispielsweise für die Sonderausstellung „Here I stand“, die in verschiedenen Städten wie Minneapolis, Atlanta und New York gezeigt wird. Gemeinsam mit unseren Kollegen von Schweiz Tourismus haben wir eine überregionale Route auf den Spuren von Luther, Calvin und Zwingli entwickelt, die wir als Produkt auf dem US-Markt promoten. 

luther2017.de: Welche Akzente möchte die DZT im Jubiläumsjahr setzen? 

Petra Hedorfer: Wir bearbeiten das Thema ja sehr langfristig und auf vielen Ebenen. Ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr wird sicher der Germany Travel MartTM im Frühjahr 2017 sein. Damit findet die größte Vertriebsveranstaltung für den deutschen Incoming-Tourismus an einer der Wirkungsstätten Luthers – in Nürnberg statt. Dazu kommen die oben bereits genannten Online-Kampagnen in verschiedenen Märkten.

luther2017.de: Wo sehen Sie im Bereich des „Luther-Tourismus“ noch Entwicklungspotential?

Petra Hedorfer: Luther und das Reformationsjubiläum sind ein äußerer Anlass, um etablierte starke Argumente aber auch weniger bekannte Facetten des Reiselandes Deutschland zu beleuchten. Zum ersteren gehören beispielsweise die UNESCO-Welterbestätten, die mit dem Thema korrespondieren. Viele der Wirkungsstätten Luthers und der Reformationsgeschichte sind in Sachsen-Anhalt und Thüringen verortet und geben somit auch dem Kulturtourismus im ländlichen Raum zusätzliche Impulse. 

luther2017.de: Viele Leserinnen und Leser fragen sich, was nach 2017 von den Ereignissen bleiben wird. Ich würde diese Frage gerne an Sie weitergeben. Gibt es schon Planungen, wie die Themen um die Reformation nach dem Reformationsjubiläum vermarktet werden?

Petra Hedorfer: Ja, die Symbolik und die Strahlkraft der Reformation weisen weit über das Jubiläumsjahr 2017 hinaus und prägen auch langfristig das Image Deutschlands. Es gibt außerdem heute schon weitere Gedenkjahre und Jubiläen, mit denen wir die Themen weiterspielen können, beispielsweise der 500. Jahrestag des Reichstages zu Worms 2021 oder 2021/22 das Thema 500 Jahre Bibelübersetzung auf der Wartburg. Bereits fest eingeplant als ein Kampagnenthema für das Jahr 2019 haben wir darüber hinaus das Jubiläum 100 Jahre Bauhaus – ebenfalls ein wichtiges Kulturthema in den Regionen, in denen Luther gewirkt hat.

luther2017.de: Vielen Dank für das Gespräch.