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Europäische Missionare brachten Bibeln und Kartoffelanbau

Kapitän Murray Maxwell
Kapitän Murray Maxwell
(Foto: Wikimedia Commons)

Die ersten Protestanten, die nach Korea kamen, waren niederländische Seefahrer. 1627 landete Jan Janszoon Weltvree mit zwei weiteren Seeleuten in Korea. Er gründete eine Familie und blieb bis zu seinem Tod (nach 1666) in Korea. Glaubensspuren scheinen die Niederländer in Korea jedoch nicht hinterlassen zu haben.

Erst kamen die Seefahrer

Die protestantische Mission in Korea begann erst im 19. Jahrhundert und setzte zunächst auf die Verbreitung der chinesischen Bibel und chinesischer religiöser Schriften. Der erste Protestant, der eine Bibel an Koreaner verschenkte, war wohl der britische Kapitän Murray Maxwell, der 1816 gemeinsam mit Kapitän Basil Hall die koreanische Westküste besuchte. 1832 betrat dann der erste protestantische Missionar koreanischen Boden, der lutherische Pfarrer und China-Missionar Karl Gützlaff. Drei Wochen lang reiste der Deutsche an der koreanischen Westküste, verteilte religiöse Traktate, Neue Testamente und Bibeln, lernte die koreanische Schrift – und machte die Anwohner mit dem Kartoffel- und Weinanbau vertraut.

Koreanische Bücher
Koreanische Bücher
(Foto: TongRo_thinkstock)

Auch der zweite protestantische Missionar war ein Europäer: der ordinierte kongregationalistische Walise Robert Jermain Thomas. 33 Jahre nach Gützlaff, hielt er sich im Herbst 1865 zunächst zweieinhalb Monate an der Westküste auf, verteilte Bibeln und religiöse Schriften in chinesischer Schrift und erwarb sich Grundkenntnisse der koreanischen Sprache. Das war derzeit in Korea kein ungefährliches Unterfangen. Das Königreich hatte sich dem Ausland gegenüber sehr abgeschottet. Ausländern war es verboten, das Land zu betreten und das Christentum, zunächst durch Katholiken vertreten, war verboten und wurde verfolgt. Als Thomas im Sommer des folgenden Jahres nach Korea zurückkehrte um im Auftrag der USA die Öffnung Koreas zu erreichen, war der Zeitpunkt dann auch schlecht gewählt: Kurz zuvor hatte in Korea eine schlimme Christenverfolgung begonnen. Sein Schiff wurde vor Pyeongyang in Brand gesetzt und die gesamte Besatzung getötet.

Bibelübersetzung in volksnahes Koreanisch

Die Entstehung erster protestantischer Gemeinden geht zurück auf das Wirken der beiden schottischen Mandschurei-Missionare John Ross und John MacIntyre. 1873 kam Ross auf einem Markt an der Landesgrenze in Kontakt mit Koreanern. Diese wandten sich in den nächsten Jahren immer wieder an Ross und interessierten sich aktiv für das Christentum. Gemeinsam mit diesen Koreanern übersetzten die schottischen Missionare in Shenyang (China) das Neue Testament ins Koreanische, und zwar in die auch vom einfachen Volk lesbare Hangeul-Alphabetschrift. Einige der Mitarbeiter ließen sich von 1879 an taufen und gelten so als die ersten nachweisbaren Protestanten in Korea.

Zwischen 1882 und 1887 erschienen zuerst einzelne Evangelien und dann das gesamte Neue Testament auf Koreanisch. Christliche Schriften waren in Korea verboten und so schmuggelten die Mitarbeiter die Bibeltexte nach Korea und verbreiteten sie dort unter der Bevölkerung. Daraufhin gründeten sich die ersten protestantischen Basisgemeinden in Korea, zunächst im äußersten Norden Nordkoreas, in Euiju (1882, entspricht heute der als Sonderwirtschaftszone geplanten Besonderen Verwaltungsregion Shineuiju), später auch südlicher in Sorae und Seoul (Saemunan-Gemeinde, beide 1887).

Nordamerikanische Missionare übernehmen das Feld

Im Jahr 1871 endeten die Christenverfolgungen und schrittweise wurde mehr Religionsfreiheit gewährt. War die protestantische Mission zunächst von europäischen Missionaren ausgegangen, übernahmen vor allem nordamerikanische Protestanten die Initiative und nützten dafür die Öffnung Koreas gegenüber dem Westen ab 1882. Zentrum war anfänglich die Hauptstadt Seoul. Der erste in Korea wohnhafte protestantische Missionar war der Presbyterianer Horace Newton Allen, der als Arzt an der amerikanischen Botschaft arbeitete. Er erwarb sich das Vertrauen des Königshauses und ebnete so den Weg für die Mission.

Karl Gützlaff
Karl Gützlaff (Foto: Wikimedia Commons)

1885 landeten die ersten ordinierten Missionare, der Presbyterianer Horace Grant Underwood und der Methodist Henry Gerhart Appenzeller, die offiziell mit medizinischer und pädagogischer Arbeit betraut waren. Obwohl missionarische Arbeit verboten war, begannen sie sofort mit der Evangelisation.

Die Einzelinteressen der unterschiedlichen protestantischen Glaubensrichtungen verhinderten jedoch die Gründung einer gemeinsamen Kirche. Die Presbyterianer waren damals mit ihrer an John Nevius orientierten Missionsstrategie besonders erfolgreich. Auch nach dem Chinesisch-Japanischen Krieg 1895 hatte der Presbyterianismus starken Zulauf, was durch die wachsende Abhängigkeit von Japan noch begünstigt wurde. Viele Koreaner sahen im Christentum die einzige Hoffnung für ihr Land. Pyeongyang entwickelte sich zum Zentrum des koreanischen Protestantismus und erlebte seit 1907 eine enorme Erweckungsbewegung, die schnell das ganze Land ergriff.

Obwohl Korea 1910 seine politische Selbständigkeit verlor, wuchsen die protestantischen Kirchen bis 1939 auf mehr als 360.000 Gemeindeglieder an. Durch zunehmende Unterdrückung und die Auswirkungen des Krieges sank die Zahl der Christen bis 1945 jedoch wieder auf 200.000. Nach der Befreiung von der japanischen Herrschaft 1945 und der gleichzeitigen Teilung Koreas, insbesondere während des Koreakrieges 1950-53, flohen viele Protestanten aus dem Norden nach Südkorea. Dadurch erstarkte der Protestantismus im Süden, während er im Norden unterdrückt wurde und bis heute ein Schattendasein führt.

Rasantes Wachstum dank „Wohlstandsevangelium“

Im Süden erlebte der Protestantismus, insbesondere seit dem Beginn der Industrialisierung und Urbanisierung in den 1960er Jahren, ein rasantes zahlenmäßiges Wachstum. Dieses verdankte er vor allem seinem Prosperity Gospel („Wohlstandsevangelium“) und seiner materiellen Segensbotschaft. Seit Anfang der 1990er Jahre sind jedoch die Grenzen des Wachstums erreicht. Während die Zahl der Protestanten bei etwa 8 Millionen bzw. 16 Prozent der Bevölkerung stagniert, finden katholische Kirche und Buddhismus regen Zulauf. Zugleich ist der Protestantismus in etwa 200 – insbesondere presbyterianische – Denominationen zersplittert. Immer lauter wird deshalb der Ruf nach qualitativem Wachstum und einer Reformation. In der Tat ähnelt der Protestantismus Südkoreas in vielem der katholischen Kirche zur Zeit Martin Luthers. Man darf gespannt sein, was das 500-jährige Reformationsjubiläum in Korea bringt. Es ist zu erwarten, dass die kleine, erst 1971 von den USA aus gegründete Lutherische Kirche in Korea dabei eine wichtige Rolle spielt.


Literaturhinweis: Malte Rhinow, Eine kurze koreanische Kirchengeschichte bis 1910, LIT Verlag 2013, ISBN 978-3-643-90247-4