Skip to main content

Reformationsjubiläum erinnert an Wurzeln der Gesellschaft Der Wissenschaftliche Beirat zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums diskutierte in Berlin über die Bedeutung und die Folgen der Reformation.

Eine lebendige Diskussionsrunde: Thomas Kaufmann, Udo Di Fabio, Thomas Söding und Dorothea Wendebourg (Bild: Korrektur NachOben)

In zwei Jahren wird bundesweit das 500-jährige Reformationsjubiläum gefeiert. Mit Blick auf die Bedeutung dieses Ereignisses stellt sich aber noch eine Reihe von Fragen: Hat die Reformation der Welt eine neue Epoche und Glück gebracht? Welche Bedeutung hat sie heute noch in der Gesellschaft? Und was feiern Staat und Kirche 2017 eigentlich genau? Diesen und weiteren grundlegenden Fragen ging am Dienstagabend (02. Juni) der Wissenschaftliche Beirat „Reformationsjubiläum 2017“ auf einer Podiumsdiskussion in Berlin nach.

Chance auf Erinnerung

„Die Reformation hat eine gewaltige Signatur hinterlassen“, erklärte der frühere Verfassungsrichter und Vorsitzender des Beirats, Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, im voll besetzten Senatssaal der altehrwürdigen Humboldt-Universität. Aus Sicht des Juristen eröffnet das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 die Chance, sich „der Wurzeln der westlichen Gesellschaften zu erinnern“. Es lohne sich immer wieder, nach diesen Wurzeln zu fragen, damit identitätsprägende Gewissheiten nicht verloren gehen, sagte Di Fabio.

Mit Blick auf Zuwanderung und religiöse Pluralität erklärte Di Fabio, der an der Bonner Universität öffentliches Recht lehrt, eine Gesellschaft könne große Integrationsleistungen nur bewältigen, wenn sie sich ihrer eigenen Identität bewusst sei.

Die religiöse Pluralität spielte auch für den in Göttingen lehrenden evangelischen Kirchenhistoriker Prof. Dr. Thomas Kaufmann eine Rolle. Seiner Ansicht nach habe die Reformation eine „irreversible Pluralisierung der christlichen Religion“ gebracht sowie die Teilhabe unterschiedlicher sozialer Gruppen am Geistesleben und der gesellschaftlichen Entwicklung ermöglicht. Allerdings sei seiner Ansicht nach die „Pluralität in der evangelischen Kirche nur noch chaostheoretisch zu verstehen“. Die Bindung an die Kirchen sei jedoch heute nicht mehr selbstverständlich. Die Menschen suchten aber weiterhin nach religiösen Erfahrungen und blieben dafür ansprechbar, sagte Kaufmann. 

Das Thema begeisterte ein großes Publikum
(Bild: Korrektur NachOben)

Zwei Seiten des Reformationsjubiläums

In einer lebendigen Diskussion, moderiert von Dr. Heike Schmoll (FAZ), erinnerte Kaufmann daran, dass durch Martin Luthers Bibelübersetzung die deutsche Sprache in Gottesdienste und Lieder Eingang gefunden habe. Diese hätten schließlich auch die katholische Kirche erreicht und mitgeprägt. Sein Kollege, der katholische Theologe und Neutestamentler Prof. Dr. Thomas Söding – ebenfalls Mitglied des Beirates – sah das anders. Seiner Ansicht nach habe Luther zwar viel Neues gebracht, die Reformation habe aber auch viel zerstört und selbst Mauern errichtet. Zugleich bilanzierte der Theologe, dass – historisch gesehen – die katholische Kirche im 16. Jahrhundert die Chance zur Erneuerung verpasst habe. Gemeinsam sei beiden Kirchen, dass sie mit der Reformation ein „Christusfest“ feierten, betonte Söding.

Die stellvertretende Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats, die Berliner Kirchenhistorikerin Prof. Dr. Dorothea Wendebourg, stellte fest, dass das Reformationsjubiläum 2017 zwei Seiten habe: eine religiöse und eine gesellschaftliche. Für die Protestanten sei es ein Anlass zur Selbstbesinnung auf den eigenen Glauben und die eigene Kirche. Gesamtgesellschaftlich werde dagegen daran erinnert, was die deutsche Geschichte der Reformation zu verdanken habe.

Der mit hochkarätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besetzte Beirat war bereits am Vormittag zu einer ordentlichen berichtenden Sitzung zusammengekommen, um über den Stand der Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten zu informieren. Nach Wunsch des Kuratoriums, das den Beirat erstmals 2009 berufen hatte, soll der Wissenschaftliche Beirat die aktuelle Relevanz und Bedeutung der Reformation für die Zukunft des Gemeinwesens ins Zentrum seiner Arbeit rücken. Die Arbeit des Gremiums fand unter anderem Ausdruck in dem richtungsweisenden Papier „Perspektiven für das Reformationsjubiläum 2017“


Zusammengefasst: Auf einer Podiumsdiskussion in Berlin beleuchtete der Wissenschaftliche Beirat des „Reformationsjubiläums 2017“ die Bedeutung und gesellschaftliche Relevanz des anstehenden Jubiläums. 

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:luther2017.de/epd Datum:03-06-15
Schlagworte:
Wissenschaftlicher Beirat „Reformationsjubiläum 2017“, Tagung, Reformation, Gesellschaft

Reformation und Säkularisierung

In drei Tagungen widmet sich der Wissenschaftliche Beirat Reformationsjubiläum 2017 zentralen Wirkungsfeldern der Reformation. Den Auftakt machte eine kontroverse Diskussion über die Säkularisierung.