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Im Zug mit … Karoline Feulner Interview mit Dr. Karoline Feulner auf dem Weg von Worms nach Mainz

Dr. Karoline Feulner ist Leiterin der Abteilung der Gemälde und Skulpturen im Landesmuseum Mainz, und Kuratorin der Sonderausstellung „Ritter! Tod! Teufel? Franz von Sickingen und die Reformation“. (Foto: Privat)

Die Reformation hat 2015 in Mainz einen großen Auftritt. Im Landesmuseum wird demnächst die große Sonderausstellung „Ritter! Tod! Teufel? Franz von Sickingen und die Reformation“ eröffnet. Die Schau ist der zentrale Beitrag des Landes Rheinland-Pfalz zum Reformationsjubiläum und zeigt den Einfluss der Ritterschaft auf die Reformation. Thematisiert werden Sickingens Aufstieg zum Anführer der Ritterschaft und deren Lebenswelt, Luthers Auftritt vor Kaiser und Reich in Worms, die Vielfalt der adligen Reformation im Reich und in Europa sowie die Stilisierung des Franz von Sickingen zum Helden bis in die Gegenwart hinein.

Auf dem Weg von Worms nach Mainz trafen wir die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Karoline Feulner. Mit der Kunsthistorikerin sprachen wir über den „letzten Ritter“, das Verhältnis der Ritterschaft zur Reformation und die Schwierigkeiten, die sich bei der Zusammenstellung einer Ausstellung ergeben.  

Luther2017: War Franz von Sickingen der letzte Ritter auf deutschem Boden? 

Karoline Feulner: Eine nicht ganz leicht zu beantwortende Frage: Er war einer der letzten Ritter, insbesondere in Rheinland-Pfalz, der versuchte durch genossenschaftliche Zusammenschlüsse, durch Beziehungen zum Kaiser, aber auch durch eine verstärkte Fehdetätigkeit seine Eigenständigkeit, die um 1500 zunehmend beeinträchtigt wurde, zu bewahren. Er versuchte die Privilegien seines Standes aufrecht zu erhalten und aus diesem Grund trägt er zu Recht die Bezeichnung als einer der letzten Ritter.

Die große Sonderausstellung „Ritter! Tod! Teufel?“ zeigt den Einfluss der Ritterschaft auf die Reformation. Welche Rolle spielte die Ritterschaft bei der Verbreitung der Reformation?

Karoline Feulner: Der Ritter Franz von Sickingen, der im Mittelpunkt unserer Ausstellung steht, war jemand, der beispielsweise maßgeblichen Vertretern der Reformation auf seinen Burgen, wie etwa auf der Ebernburg, Asyl gewährt hat. Dadurch wurde diese zu einem Zentrum der frühen Reformation in Südwestdeutschland. Neben Martin Bucer war darunter auch Ulrich von Hutten, der diese Burgen „Herbergen der Gerechtigkeit“ genannt hat. Dort entstanden Schriften oder man diskutierte über die neuen Ideen. Darüber hinaus hat Franz von Sickingen auch mehrmals Martin Luther Schutz angeboten, der das Angebot allerdings ablehnte und dann bekanntlich auf der Wartburg unterkam. 

Was wird die Besucherinnen und Besucher in der Sonderausstellung erwarten?

Karoline Feulner: Wir versuchen die Epoche um 1500, die Zeit des ausgehenden Mittelalters und den Beginn der Neuzeit, in einem sehr facettenreichen Bild wieder auferstehen zu lassen. Zu diesem Zweck haben wir höchst unterschiedliche Gattungen und Leihgaben, darunter Prunkharnische, Druckgrafiken, Gemälde, wir zeigen Kunsthandwerk, Archivalien und Urkunden, also wirklich verschiedene Exponate, die – wie ich hoffe – eine sehr abwechslungsreiche Ausstellung schaffen. Unter den Künstlern finden sich natürlich auch Namen wie Albrecht Dürer, Lucas Cranach der Ältere oder Hans Schäufelin. Eine kleine Besonderheit sind unsere Inszenierungen. So präsentieren wir beispielsweise zwei Ritterrüstungen, die in einer Kampfsituation montiert sind, oder auch eine große Schlachteninszenierung, in der auf die militärischen Änderungen der damaligen Zeit eingegangen wird. Die Ausstellung ist für möglichst alle Altersgruppen sehr ansprechend umgesetzt. 

Mit Leihgaben aus Wien, Berlin oder Erfurt verfügen sie über weitergereiste Objekte. Unter welchen Gesichtspunkten werden Exponate für eine Ausstellung dieser Art zusammengestellt? 

Karoline Feulner: Das ist immer schwer, da man ja nur einen begrenzten Platz in der Ausstellung hat. Man muss also immer genau das Exponat finden, das die Geschichte eindeutig erzählt und auch auf den Punkt bringt, was man erzählen will. Unser Ziel als Kulturhistorisches Museum war es eine große Bandbreite der damaligen Kunstproduktion zu zeigen. Besonders glücklich sind wir deswegen über beispielsweise den Prunkharnisch des Landgrafen Philipp von Hessen, den Widersacher Sickingens oder den sog. „Sickingen-Becher“, den Sickingen nach erfolgreichen Fehdezügen auf dem Höhepunkt seiner Macht aus dem Erbeuteten hatte gießen lassen. Aber auch Druckgraphiken von Albrecht Dürer, wie der titelgebende Kupferstich „Ritter, Tod und Teufel“ durften nicht in der Auswahl der Exponate fehlen. Wir sind sehr zufrieden, dass wir diese Highlights in der Ausstellung präsentieren können. 

Mit weiteren Ausstellungen im Gutenbergmuseum und dem Dom-und Diözesanmuseum hat die Reformation 2015 einen großen Auftritt in Mainz. Was hebt die Schau „Ritter Tod und Teufel“ von den anderen Sonderausstellungen ab?

Karoline Feulner: Wir haben uns selbstverständlich untereinander abgesprochen, damit man in Mainz möglichst alle drei Ausstellungen besuchen kann, um einen umfassenden Blick in die Zeit der Reformation zu bekommen. Unser Schwerpunkt ist mit Franz von Sickingen die Ritterschaft, bzw. der Einfluss der Ritterschaft auf die Reformation. Deswegen zeigen wir auch Aspekte wie das Turnierwesen. Um 1500 gab es ja ein großes Aufleben dieser alten ritterlichen Traditionen. So sind auch das Leben auf einer Burg oder die militärischen Neuerungen der Zeit Themen. Solche Aspekte sprechen die anderen Museen nicht an. Wir hoffen natürlich auch, dass wir mit Franz von Sickingen eine wirklich schillernde und sehr interessante Person getroffen haben, die als Hauptfigur durch die Themen der Ausstellung leiten wird.

Stichwort: Turnierwesen und Ritterburgen. Gerade das sind ja auch Aspekte die Kinder und Familien ansprechen. Gibt es auch ein Programm, das sich gezielt an jüngere Altersgruppen richtet? 

Karoline Feulner: Ja, wir haben auch eine Mitmach-Ausstellung „Ritter! Spiel! Spaß!“ mit aktiven Stationen, wo sich Kinder selbstständig betätigen können. Anhand eines Katapultes veranschaulichen wir, wie etwa  eine Burgbelagerung technisch von statten ging. Wir haben kleine Stoffpferde, mit denen sich die Kinder in ein Turnier begeben können, einen Tretkran, mit dem man beispielsweise die eigenen Väter hochheben kann oder auch Multimediastationen mit eigens entwickelten Spielen. In unserem großen Innenhof haben Kinder, aber auch gerne Ältere, die Möglichkeit, Franz von Sickingen persönlich kennen zu lernen, der von einem Schauspieler verkörpert wird. Bei ihm kann man in entsprechender Gewandung eine Ritterurkunde erwerben, man wird im Fechten mit Schwertdegen und Dolch eingewiesen oder erlernt höfische Tänze und das Fanfarenspiel. Ein Eintauchen in die Zeit der „letzten Ritter“ ist gewährleistet!