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Kuratoren stellen vor: Antirömische Spottmedaille

Daniel Miksch, Mitarbeiter der Wartburg Stiftung, schreibt über eine antirömische Spottmedaille, die bei „Luther und die Deutschen“ zu sehen ist.

Antirömische Spottmedaille. (Bild: Wartburg Stiftung)

Luthers Konflikt mit dem Pontifex erscheint rückblickend nicht bloß als private Fehde zweier Theologen, vielmehr war sie notwendige Motivation, die anfängliche Ablasskritik letztlich zu einer Abspaltung vom Katholischen voranzutreiben. Nach dem Kirchenbann durch Papst Leo X. war der Ring frei für den größten medial ausgefochtenen Streit der Zeit.

Die Auseinandersetzung zwischen Rom und Wittenberg war geprägt vom stetigen Versuch, die Gegenseite zu widerlegen, zu beschuldigen, zu diffamieren. Und so tritt vor allem die zeitgenössische Streitkultur als wenig zurückhaltend hervor und ist charakterisiert durch eine besondere Polemik, derbe Worte und blanken Hohn. Einen Eindruck von jener künstlerischen und literarischen Ausprägung vermitteln einige Exponate der Ausstellung, im Speziellen die antirömischen Spottmedaillen der Kunstsammlung der Wartburg.

Spottmedaille zeigt Schärfe der Streitkultur

Beide Doppelkopfmedaillen zeigen vorderseitig das Gesicht des Papstes, um 180 Grad gedreht das Angesicht des Teufels, sodass beide Profile in einer Figur verschmelzen. Auf der Rückseite der Medaille sind in gleicher Art der Kardinal und der Narr in einer Figur vereint. Bei genauem Hinsehen, so könnte man also interpretieren, verwandelt sich der Papst in das personifizierte Böse, den Satan als Erzfeind der Christenheit, was auch die Medaillenumschrift „Die verdorbene Kirche hat das Gesicht des Teufels“ verdeutlicht. 

Der Kardinal hingegen wird zum Narren und verkörpert auf diese Weise Einfältigkeit und das Unmoralische, wie schon in der 1494 erschienenen Gesellschaftskritik „Das Narrenschiff“ des Sebastian Brant. Als zweite Umschrift ist „Ein schlechter Vogel legt ein schlechtes Ei“ zu lesen. Beide Medaillen sind aus Silber gegossen, als Entstehungsjahr vermutet man 1543. Derartige Propagandamittel in Medaillenform wurden vielfach als Amulette getragen, um die eigene Konfessionszugehörigkeit zu zeigen sowie Anliegen und Selbstverständnis des Protestantismus sichtbar zu machen.

Für mich sticht die Spottmedaille aus dem Kanon der Objekte eindrücklich hervor, da sie die besondere Schärfe der zeitgenössischen Streitkultur vor Augen führt und den Konflikt der Konfessionen vor allem in der Kunst greifbar macht.

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In der Rubrik „Kuratoren stellen vor“ schreiben die Kuratoren der Nationalen Sonderausstellungen auf luther2017.de in loser Folge über einzelne Exponate aus den Schauen. Ausgewählt wurden die Ausstellungsstücke von den Autoren der Texte selbst. 

Vom 30. Oktober bis 1. November wird die Wartburg, Ort der Ausstellung „Luther und die Deutschen“, in ein besonderes Licht getaucht. Dabei wird unter anderem ein zweiminütiger Kurzfilm zur Reformation auf die Burg projiziert. Zudem erwartet die Gäste eine Klanginstallation sowie im zweiten Burghof ein 3,5 Meter hoher Metallzylinder. Eine starke Lampe schickt ihr Licht durch dessen hunderte Löcher und projiziert Luthers Thesen im Morsealphabet. Dazu sind die Wartburg und die Nationale Sonderausstellung „Luther und die Deutschen“ zu einem ermäßigten Preis von 8,00 € zu besichtigen.