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Martin Luther bekämpfte den Teufel mit Tinte

Tintenfass
(Foto: epd-bild/Ulrich Kneise)

Der Legende nach soll der Teufel Martin Luther im Winter 1521/1522 in seiner Stube auf der Wartburg in Thüringen belästigt haben. Als der Mönch, vertieft in seine Arbeit, ein Kratzen und Schaben hörte, soll er beherzt nach dem Tintenfass gegriffen und gezielt nach der Teufelsfratze geworfen haben, um den zu verscheuchen, der ihn beim Übersetzen der Heiligen Schrift ins Deutsche so störte. So soll ein blauer Tintenfleck an der Wand neben dem Ofen entstanden sein, wo heute allerdings nur noch ein Loch ist. Niemand aber kann wirklich sagen, was sich damals in der Gästestube auf der Wartburg tatsächlich zugetragen hat. Obwohl Luther von vielen Ereignissen der Burg in seinem Leben berichtet hat, so schwieg er doch über den angeblichen Tintenklecks.

Besucher der Wartburg liebten den blauen Fleck an der Wand

Schriftzeugnisse und Bilder seit 1650 widmen sich dem Fleck an der Wand. Ob der Tintenfleck an der Wand überhaupt aus der Zeit von Martin Luther stammte, darf bezweifelt werden. Später wurde er ein halbes Dutzend Mal nachgemalt oder an neuer Stelle angebracht. Manch ein Besucher der Lutherstube begnügte sich nicht damit, ihn anzufassen, sondern kratzte gleich ein Stückchen ab, um ihn als Reliquie mit nach Hause tragen zu können.

Es heißt, dass der Klecks in der Stube oben hinter dem grünen Ofen zu sehen war. Heute fehlt er ganz. Es gibt auch Erzählungen, die berichten, dass Luther das Tintenfass nicht bei seiner Arbeit, sondern nachts geworfen haben soll, als er wegen Geräuschen im Raum nicht hatte schlafen können. Wie er aber von seinem Bett aus das Tintenfass in die Hand hätte nehmen können, auch das bleibt offen. 

Wo der Fleck war fehlt nun der Putz

Möglicherweise wurde Luthers Aussage aber auch zu wörtlich genommen, wenn der Reformator behauptet, er habe den Teufel mit Tinte vertrieben: also mit seinen Schriften. „Obwohl der Klecks schon lange nicht mehr nachgebessert wurde und seit über 100 Jahren in der Lutherstube nicht mehr vorhanden ist, glauben noch immer zahlreiche Wartburg-Besucher, den großen, blauen Fleck mit eigenen Augen an der Kaminwand gesehen zu haben", sagt Andreas Volkert, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Wartburg.

Verfolgt vom Teufel, von Geistern und Dämonen

Martin Luther fühlte sich schon von Kindestagen an vom Teufel, von bösen Geistern und Dämonen verfolgt. Als er sich im Winter 1521/1522 als Junker Jörg unerkannt unter kurfürstlichem Schutz zum Übersetzen der Bibel ins Deutsche auf der Wartburg aufhielt, wurden seine Ängste in der Einsamkeit der dunklen Gemäuer vor solchen Attacken nur noch größer.

Für seine Zweifel, Traurigkeit und Depressionen, die ihn immer wieder überfielen, machte er den Teufel persönlich verantwortlich. Sobald es draußen auch nur polterte, er einen Sack voller Nüsse rascheln hörte oder ein schwarzer Hund in seiner Stube auftauchte, glaubte er, der Teufel sei gegenwärtig. Und zur damaligen Zeit gab es in den Burgzimmern etliche Gegenstände aus Holz, oder auch Haselnüsse und Kräuter, in denen die Mäuse spielten.

Kampfspuren an der Wand – auch auf der Veste Coburg

So gibt es Hinweise, dass es durchaus öfter zu Auseinandersetzungen Luthers mit dem Teufel gekommen ist. Wiederholt berichtete er darüber, wie der Teufel ihn auch während seines Aufenthalts auf der Veste Coburg plagte: „Diesen Tag hatte ich eine teuflische Gesandtschaft bei mir. Der Satan hat soweit den Sieg davon getragen, dass er mich aus der Kammer jagte und nötigte, unter Leute zu gehen", heißt es in einem Brief an Justus Jonas vom 12. Mai 1530.

Da war es wohl naheliegend, zur Selbstverteidigung auch mal zum Tintenfass zu greifen. Ein Coburger Tintenfleck wurde bereits im 17. Jahrhundert erwähnt, und Melissantes berichte 1715 in seinem „Neueröffneten Schauplatz Denckwürdiger Geschichte" von „(...) einem schwarzen Fleck, welchen Lutherus gemacht, als er hier das Dintenfass nach dem Teuffel, als er ihm erschienen und ihn beunruhigen wollte, geworffen."