Draußen ist es kalt und dunkel, womöglich liegt Schnee, aber in der Wohnstube steht ein hell erleuchteter Weihnachtsbaum, hängt vielleicht auch ein Herrnhuter Stern. Kerzen sind entzündet, die Familie kommt zusammen, es gibt kleine Leckereien, Kaffee oder Tee. Weihnachtslieder werden gesungen oder doch zumindest „von der Konserve“ abgespielt. Dann endlich dürfen die Geschenke ausgepackt werden, die schon so verlockend unter dem Baum platziert sind. So oder so ähnlich sieht es an Heiligabend in vielen Wohnstuben aus. Dass das nicht immer so üblich war, wissen viele; dass Martin Luther und die Reformation damit zu tun haben, dass es jetzt so ist, wissen manche. Werfen wir einen Blick auf die Weihnachtsbräuche und ihre Veränderungen.
Seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert leuchtet der Weihnachtsbaum
Der Weihnachtsbaum in der heute bekannten Form hat in Deutschland wohl erst Ende des 16. Jahrhunderts und zu Beginn des 17. Jahrhunderts Einzug in die (protestantischen) Wohnstuben und Kirchen gehalten. So wird von einem schwedischen Offizier berichtet, der in der Schlacht bei Lützen 1632 verwundet und anschließend in einer nahegelegenen Gemeinde gepflegt worden sei. Er habe sich mit einer Weihnachtsfeier bedankt und dabei auch einen mit Lichtern geschmückten Baum aufstellen lassen - wie in seiner Heimat üblich. Es hält sich aber auch die Behauptung, Martin Luther habe den Weihnachtsbaum populär gemacht. So gibt es Stiche, die Luther an Weihnachten im Kreis seiner Familie zeigen. Recht prominent im Bild: ein mit Kerzen geschmückter Nadelbaum. Aber ob Carl August Schwerdgeburths Stahlstich „Luther mit seiner Familie am Christabend 1536 zu Wittenberg“ oder Gustav Königs Radierung „Luthers Winterfreuden im Kreise seiner Familie“: Beide stammen aus dem 19. Jahrhundert und zeigen kein historisches Bild. Die Künstler haben sich schlicht von den zu ihrer Zeit verbreiteten Idealvorstellungen eines Weihnachtsabends in einer gutbürgerlichen Familie leiten lassen.
Das alles heißt aber nicht, dass die Weihnachtsstube zu Luthers Zeiten ohne immergrünen Schmuck auskommen musste. Schon 1419 habe die Bruderschaft der Bäcker in Freiburg im Breisgau einen Baum mit Lebkuchen, Äpfeln, Papier und gefärbten Nüssen geschmückt, heißt es in einer Legende aus der Gegend. Historisch belegt dagegen ist, dass 1521 der Förster im elsässischen Schlettstadt (Sélestat) dafür bezahlt wurde, die „Meyen“ zu hüten. „Meyen“ ist ein Begriff für den Festbaum, der zur Weihnachtszeit geschmückt wurde. Aber eben nicht mit Lichtern, wie wir es kennen, sondern oft mit roten Beeren. Man stellte ihn aus Respekt vor der sich stets erneuernden Natur auf. Luther hat also mit dem Weihnachtsbaum nichts zu tun. Aber wie sieht das bei den Geschenken aus?