Das Marburger Religionsgespräch

Martin Luther und Huldrych Zwingli begegneten sich in ihrem Leben nur ein einziges Mal. Doch bevor es zu dem historischen Treffen kam, bekämpften sie sich in vielen Schriften. Hauptstreitpunkt: die unterschiedlichen Auffassungen über die Handhabung des Abendmahls.

Das Marburger Schloss (Bild: Georg Kronenberg)

Die hessische Stadt Marburg darf sich heute rühmen, als einzige Stadt überhaupt Luther- und Zwingli-Stadt zugleich zu sein. Denn hier, im Landgrafenschloss, das hoch über der Altstadt thront, fand wohl die bedeutendste Theologenversammlung der Reformationszeit statt. Vom 01. bis 04. Oktober 1529 trafen sich Martin Luther, Huldrych Zwingli und viele weitere namhafte Persönlichkeiten der reformatorischen Bewegung zum sogenannten Marburger Religionsgespräch. 

Unterschiedliche Standpunkte

Im Verlauf der Reformation hatten einige führende Reformatoren unterschiedliche Meinungen in einzelnen Glaubensfragen entwickelt. Der hessische Landgraf Philipp der Großmütige war jedoch auf ein starkes evangelisches Bündnis angewiesen, denn die katholische Seite wehrte sich entschieden gegen die Reformbestrebungen der Protestanten. Insbesondere der Streit zwischen den Anhängern Martin Luthers und des Schweizer Reformators Huldrych Zwingli führte zu immer heftigeren Anschuldigungen. Um einer möglichen Spaltung entgegenzuwirken, lud Philipp von Hessen die geistlichen Führer der Reformation nach Marburg ein, um sich in den einzelnen Glaubensanfragen zu einigen. 

Es war das einzige Mal, dass die führenden Reformatoren aus Sachsen, Oberdeutschland und der Schweiz persönlich zusammentrafen. Hauptstreitpunkt waren die unterschiedlichen Auffassungen Luthers und Zwinglis von der Rolle des Abendmahls. Während Luther an der traditionellen Lehre von der leiblichen Gegenwart Christi im Brot und Wein des Abendmahls festhielt, verstand Zwingli die Abendmahlsfeier als symbolische Gedächtnishandlung. 

Bildnis „Luther's Gespräch mit Zwingli über die Sacramentsfrage“. Disput zwischen den Reformatoren Martin Luther und Huldrych Zwingli. Radierung, 1847, von Gustav König, spätere Kolorierung. (Bild: © epd-bild / akg-images)

Spaltung 

Engagiert, aber ohne Erfolg, disputierte man im Schloss drei Tage lang über die Handhabung des Abendmahls. Luther und Zwingli saßen zusammen mit Philipp Melanchthon und Johannes Oekolampad an einem Tisch. Bis zum Abend sprachen sich der Wittenberger und der Zürcher Reformator über ihre unterschiedlichen Abendmahlslehren aus, ohne dass eine Seite ihre Position aufgegeben hätte. Auf Drängen des Landgrafen hielten am Ende des Gesprächs die Beteiligten das Ergebnis in den so genannten „Marburger Artikeln“ fest. In 14 der 15 Artikel erzielten sie eine Einigung; über den letzten schieden sie im Dissens. Dennoch gelten die 15 „Marburger Artikel“ als einziges Bekenntnisdokument der Reformation, das von Luther und von Zwingli gemeinsam unterzeichnet wurde.

Später wurde noch einmal der Versuch unternommen, die Streitigkeiten beizulegen. Auf Vermittlung des Reformators Martin Bucer kam es 1536 in der Wittenberger Konkordie zu einer Verständigung zwischen den südwestdeutschen Reformatoren und den Lutheranern. Doch bald schon wurde die Abendmahlsfrage erneut zu einem Streitpunkt unter den Protestanten, als sich in einigen Teilen Deutschlands die Lehre des Reformators Calvin verbreitete und zur Entstehung einer reformierten Konfession führte. Die konfessionelle Spaltung wirkt bis heute in Form getrennter Kirchen.