Am 21. September 1522 erscheint in Wittenberg die deutsche Fassung des Neuen Testaments in Martin Luthers Übersetzung. Die 3000 Exemplare sind schnell vergriffen, die Wirkung des Bands zeigt sich jedoch erst über die Jahrhunderte hinweg.
Im Mai 1521, auf dem Rückweg vom Wormser Reichstag, wurde Martin Luther entführt. Zu seinem Glück handelte es sich bei den Entführern aber um Gefolgsleute seines Landesherrn, Kurfürst Friedrich der Weise. Die brachten ihn auf der Wartburg über Eisenach unter, wo der inzwischen vogelfreie Reformator in Sicherheit war. Neben ritterlicher Freizeitgestaltung mit Fechten, Reiten und Jagen soll auch die Kost reichlich bemessen gewesen sein, so dass der bisher eher mönchischer Askese zugeneigte Luther ordentlich zugenommen habe.
Zuerst Traktate verfasst, dann das Neue Testament übersetzt
Allerdings befasste sich Luther auf der Wartburg nicht nur mit solcherlei Ablenkungen, sondern auch mit einem Projekt, das eines seiner nachhaltigsten und einflussreichsten Vermächtnisse werden sollte. Hatte Luther bis Dezember 1521 hauptsächlich Traktate zu Beichte, Mönchswesen und heiliger Messe verfasst, wandte er sich dann einer umfangreicheren Aufgabe zu: Der Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche.
Luther war beileibe nicht der erste, der eine deutsche Übersetzung der Bibel anging. Bis 1521 waren schon fast zwanzig deutsche Fassungen erschienen. Sie richteten sich jedoch in der Hauptsache an Geistliche, beruhten auf der lateinischen Bibelübersetzung, der Vulgata, waren häufig in einem regionalen Dialekt verfasst und sollen auch sprachlich eher gestelzt gewesen sein. Luther wählte als Grundlage dagegen die griechischen und hebräischen Urtexte und übersetzte sie in die sächsische Kanzleisprache. Die wurde praktisch überall in Deutschland verstanden.