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Vor 495 Jahren: Luthers Übersetzung des Neuen Testaments wird gedruckt

Im Jahr 2016 entdeckte die Kieler Universitätsbibliothek ein originales „Septembertestament“ in ihren Beständen. (Bild: epd-bild/Hartmut Schulz)

Am 21. September 1522 erscheint in Wittenberg die deutsche Fassung des Neuen Testaments in Martin Luthers Übersetzung. Die 3000 Exemplare sind schnell vergriffen, die Wirkung des Bands zeigt sich jedoch erst über die Jahrhunderte hinweg. 

Im Mai 1521, auf dem Rückweg vom Wormser Reichstag, wurde Martin Luther entführt. Zu seinem Glück handelte es sich bei den Entführern aber um Gefolgsleute seines Landesherrn, Kurfürst Friedrich der Weise. Die brachten ihn auf der Wartburg über Eisenach unter, wo der inzwischen vogelfreie Reformator in Sicherheit war. Neben ritterlicher Freizeitgestaltung mit Fechten, Reiten und Jagen soll auch die Kost reichlich bemessen gewesen sein, so dass der bisher eher mönchischer Askese zugeneigte Luther ordentlich zugenommen habe. 

Zuerst Traktate verfasst, dann das Neue Testament übersetzt 

Allerdings befasste sich Luther auf der Wartburg nicht nur mit solcherlei Ablenkungen, sondern auch mit einem Projekt, das eines seiner nachhaltigsten und einflussreichsten Vermächtnisse werden sollte. Hatte Luther bis Dezember 1521 hauptsächlich Traktate zu Beichte, Mönchswesen und heiliger Messe verfasst, wandte er sich dann einer umfangreicheren Aufgabe zu: Der Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche. 

Luther war beileibe nicht der erste, der eine deutsche Übersetzung der Bibel anging. Bis 1521 waren schon fast zwanzig deutsche Fassungen erschienen. Sie richteten sich jedoch in der Hauptsache an Geistliche, beruhten auf der lateinischen Bibelübersetzung, der Vulgata, waren häufig in einem regionalen Dialekt verfasst und sollen auch sprachlich eher gestelzt gewesen sein. Luther wählte als Grundlage dagegen die griechischen und hebräischen Urtexte und übersetzte sie in die sächsische Kanzleisprache. Die wurde praktisch überall in Deutschland verstanden. 

Eine Lutherbibel von 1534 war auch unter den Exponaten der Ausstellungsreihe „Here I stand“ in den USA. Im Bild ist sie nach der Rückkehr aus Übersee Anfang 2017 zu sehen. (Bild: epd-bild/Jens Schlüter)

Dazu wählte Luther einen Sprachduktus, der auf breite Verständlichkeit setzte, wie er in seinem Sendbrief vom Dolmetschen andeutet: „Den man mus nicht die buchstaben inn der lateinischen sprachen fragen, wie man sol Deutsch reden, wie diese esel thun, sondern, man mus die mutter jhm hause, die kinder auff der gassen, den gemeinen man auff dem marckt drumb fragen, und den selbigen auff das maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetzschen, so verstehen sie es den und mercken, das man Deutsch mit jn redet“, heißt es dort. 

220 Seiten in 11 Wochen übersetzt

Luther vollendet die Übersetzung – auch mit Hilfe seiner Universitätskollegen in Wittenberg – nach nur elf Wochen. Als er die Wartburg verlässt, nimmt er das Manuskript mit. Am 21. September 1521 ist es dann soweit. Luthers Übersetzung des Neuen Testaments, weiter be- und überarbeitet, erscheint als Druckwerk in der unerhört hohen Auflage von 3000 Exemplaren. Die „Septemberbibel“ ist so schnell ausverkauft, dass bereits drei Monate später die nächste Auflage folgt. 

Bis zur vollständigen Übersetzung der Bibel vergehen jedoch noch zwölf weitere Jahre. Sie erscheint im Oktober 1534. Schätzungen zufolge lag Luthers Bibel bald in jedem fünften deutschen Haushalt, auch wenn längst nicht jeder des Lesens kundig war. Übrigens gab es zur Lutherbibel auch Übersetzungshefte. Denn wenn Luther sich auch bemüht hatte, allgemeinverständliches Deutsch zu verwenden, waren einzelne Begriffe doch nicht in jedem Sprachraum geläufig. Bis sich – auch angeregt von der Lutherübersetzung – ein mehr oder weniger einheitlicher deutscher Sprachraum bildete, sollte es noch einige hundert Jahre dauern.

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:epd/Welt/zeno.org Datum:21-09-17
Schlagworte:
Martin Luther, Bibelübersetzung, Wittenberg, Wartburg,

Deutsche Sprache

Martin Luther hat uns mehr als nur ein paar kluge Redewendungen hinterlassen. Auch wenn er die deutsche Sprache nicht erfunden hat, so formte und prägte Luther sie entscheidend mit.

Wartburg Eisenach

Luthers Aufenthalt auf der trutzig oberhalb von Eisenach gelegenen Wartburg war nicht lang und nicht ganz freiwillig. Vom 4. Mai 1521 bis zum 1. März 1522 lebte Martin Luther dort in einer bescheidenen Zelle.