Nach dem Aufwachen, gemütlich bei einer Tasse Kaffee, werden die ersten Mails gecheckt. Währenddessen dröhnt Musik über den Stream des Internetradios. Nur das zwischenzeitliche „aufpoppen“ von Meldungen aus den sozialen Netzwerken unterbricht die Stimmen der Radiomoderatoren. Eine Meldung von einem Bekannten aus Kanada, Buchungsbestätigung der nächsten Geschäftsreise, der Hinweis über die Postzustellung der letzten Bestellung sowie die Erinnerung der Anmeldefrist für den „digitalen Englischkurs“ – noch vor dem ersten Schritt vor die Tür, sind wir irgendwie da „draußen“. Draußen – das meint den Übertritt in eine vernetzte, ständig erreichbare und digitale Welt.
Digitale Revolution
Während vor 20 Jahren das Internet wie eine geheimnisvolle Theorie klang und Mobiltelefone noch eine unhandliche Größe besaßen, sind digitale Endgeräte mit einem schnellen Netzzugang mittlerweile wesentlicher Bestandteil des Alltages. Ob für die Organisation im Berufsleben, zum Zeitvertreib oder der schnellen Kommunikation mit dem sozialen Umfeld – die Digitalisierung veränderte unser Leben.
So können wir unterschiedliche – reale und unzählig viele digitale – Identitäten entwickeln und haben Zugang zu einer unerschöpflichen Quelle von Informationen, Wissen und Möglichkeiten. Doch neue Chancen eröffnen auch neue Bedrohungen: Überwachung, Datendiebstahl, Datenmissbrauch, digitale Erschöpfung sowie der Verlust einer klaren Trennung zwischen öffentlich und privat.
Die Digitalisierung bedeutet einen kulturellen Wandel, dessen Verlauf und Ziel nicht einzuschätzen ist. Mit der Eröffnung neuer Forschungsfelder, im Bereich der Medienforschung, Medienbildung und Medienkompetenz, ergeben sich gleichermaßen große Potenziale wie Gefahren, die neue Prinzipien und Regeln verlangen.
Potenziale und Entwicklungen
Es ist nicht das erste Mal, dass „neue Medien“ eine Neugestaltung initiieren. Insbesondere das Themenjahr 2015 „Reformation – Bild und Bibel“ erinnert an die Reformation als Medienereignis, an den medialen Wandel durch die Erfindung des Buchdruckes und verknüpft historische und zeitgenössische Prozesse der Medienentwicklung.
Diese Verknüpfung macht sich auch die Konferenz Medienkonzil – Tagung zum Bürgersein in der digitalen Welt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg zur Aufgabe.
Die öffentliche Tagung im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg erlaubt den Diskurs über die digitale Gesellschaft. Vom 21. Mai bis zum 22. Mai werden Medienschaffende, Medienphilosophen und Medientheologen in Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Workshops über Chancen, Potenziale und Perspektiven einer neuen Mediengesellschaft debattieren.
Die Notwendigkeit, die Medienentwicklung immer wieder neu zu hinterfragen und zu erörtern, sieht auch die Initiatorin des Medienkonzils und Publizistikprofessorin Johanna Haberer. Die Professorin ist selbst Teil der Veranstaltung und referiert am 21. Mai zum Thema „Reformation als Medienereignis“. Insbesondere die Selbstbestimmung des Menschen, empfindet Haberer als bedroht: „Da hat sich inzwischen eine Ernüchterung breitgemacht, denn genauso wie wir mitgestalten können, können die Starken auch kontrollieren“, erzählte die Professorin dem Evangelischen Pressedienst in Nürnberg. Auch das Potenzial einer Gefahr der „Entsolidarisierung der Gesellschaft“ durch einen digitalen „Selbstoptimierungsprozess“ sieht Haberer begründet.
„Wir Theologen müssen unser Menschenbild und das, was den Menschen wohltut, entgegenhalten“, betonte die Publizistikprofessorin und hebt noch einmal die Dringlichkeit einer öffentlichen Debatte über die Veränderung des Denkens und des Alltags durch die Digitalisierung hervor.
Zusammengefasst: Unsere Gesellschaft hat sich durch die Digitalisierung verändert. Ein Medienkonzil in Nürnberg beleuchtet die Chancen und Gefahren dieser Medienentwicklung.