Die Reformation veränderte Kirche und Gesellschaft. Isny im Allgäu feiert mit einem Opernfestival und einem Oratorienkonzert die Vielseitigkeit der Umbrüche. Wie das geht? Stefanie Böck wagte einen Blick auf die Entstehung eines musikalischen Großprojekts und entdeckte gleich mehrere Rätsel.
„Was fällt Ihnen zu den Hugenotten ein?“, fragt Hans-Christian Hauser knapp. Betreten nuschle ich „Öhm… wenig?“. Der Macher des Isny Opernfestivals stutzt. Es stört ihn aber nicht. „Macht nichts. Das hat man schnell verstanden“, sagt Hauser, der fünf Fremdsprachen spricht und unheimlich belesen ist. Sein aktuelles Projekt beschreibt er so: „Ein Liebespaar in Frankreich. Mitten in der Reformation. Er evangelisch, also Hugenotte, sie katholisch.“ Aha, denke ich, geht sicher nicht gut aus. Und frage: „So wie Romeo und Julia? Nur in Frankreich?“ Hauser lächelt: „Genau.“
Das klingt nicht nur spannend, sondern ist es auch. Hauser steckt mitten in den Vorbereitungen des Stücks um geistlich-politische Wirren in musikalisch hochwertiger Form. Gerade tüftelt der gefragte Dozent der Hochschule für Musik und Theater in München am Plakat für die dreitägige Veranstaltung. Im Idealfall soll Giacomo Meyerbeers „Die Hugenotten“ an drei lauen Sommerabenden (28. Juni, 1. und 2. Juli, 20.30 Uhr) in der malerischen Innenstadt von Isny mitten in der Fußgängerzone vor dem historischen Rathaus erklingen – und möglichst viele Musikliebhaber aus der ganzen Region anlocken.
Drei Mal „Die Hugenotten“ mitten in Isny
Damit das gelingt, verbringt Hauser zwei Stunden in einem Grafikbüro in Isny-Neutrauchburg. „Können wir das hochrutschen?“, fragt er Gerhard Thomann, der vor dem Bildschirm sitzt, ein Gemälde aus der berühmten Batholomäusnacht in Paris in Millimeterarbeit zurechtrückt und direkt unter dem Logo „500 Jahre Luther“ platziert. „Das Isny Opernfestival wird von der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert“, erzählt Hauser nebenbei. Dafür füllte er schon vor Monaten komplizierte Formulare aus – und schaffte es tatsächlich in das hochkarätige Programm.
„Giacomo Meyerbeers Oper ‚Die Hugenotten‘ ist das einzige Werk, das sich überhaupt mit der Reformation beschäftigt“, berichtet er von seiner mühsamen Recherche nach einem würdigen Arrangement. Warum das so ist, ist dem Musikexperten selbst ein Rätsel. Diese Zeit hätte richtig Stoff geboten. Umso spannender findet er, wie perfekt das Stück zur Allgäustadt Isny passt: Auch hier schlug die Reformation in allen Bereichen voll ein. „In der Oper dreht es sich weniger um geistliche Inhalte als um menschliche Reaktionen auf die Veränderungen. Um Unzulänglichkeiten, Missverständnisse und extreme Gefühle.“