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Thomas Müntzer ist um 1489 in Stolberg (Harz) geboren. Er erhielt eine humanistische Bildung und wurde zum Priester geweiht. Noch vor Martin Luther war er auf Distanz zur katholischen Kirche gegangen. Dann begrüßte er die sich ausbreitende Reformation und heiratete die ehemalige Nonne Ottilie von Gersen.

Luther empfahl Müntzer 1520 auf eine Pfarrstelle in Zwickau. Aber Müntzers Auffassungen unterschieden sich von denen Luthers radikal. Er war überzeugt, dass das Vertrauen in das durch Christus geschenkte Heil noch nicht wirklicher Glaube sei; der müsse in einem inneren Leidensprozess zustande kommen, indem der Mensch die Passion Christi nachvollziehe. Der Glaube an die Wirksamkeit der Sakramente in der traditionellen Kirche sei ebenso falsch wie die Betonung der Bibel durch Luther. Das Endgericht und die unmittelbar folgende Herrschaft Christi auf Erden stünden unmittelbar bevor.

Gegen „Pfaffen“ und „Doktörchen“

So griff er die „Pfaffen“ der alten Kirche und bald ebenso die „Doktörchen“ der Reformationsbewegung an, sie stünden der Reinigung der Christenheit nur im Wege. In seiner Schrift „Wider das geistlose sanftlebige Fleisch zu Wittenberg“ machte er seine Überzeugung geltend, dass auch die neue Theologie der Reformation nur die Herrschaft der Gottlosen stütze.

1523 wurde Müntzer Pfarrer in Allstedt und hielt hier den ersten Gottesdienst in deutscher Sprache. Er hoffte nun auf Unterstützung des Fürsten für die notwendige Reingung der Kirche, wozu die Anwendung „des Schwerts“ nötig sei. Aber Herzog Johann I. von Sachsen lehnte dies ab. Müntzer wurde auf die aufständischen Bauern aufmerksam, die sich seit Juni 1524 in Süddeutschland erhoben hatten und deren Bewegung auch nach Thüringen ausstrahlte.

Die Bauern als Werkzeug der apokalyptischen Reinigung

Er reiste durch die aufständischen Gebiete und wurde in seiner Auffassung bestärkt, dass Pfarrer wie Fürsten die einfachen Leute nur vom Glauben abhielten, die Bauern aber das Werkzeug zur für ihn notwendigen apokalyptischen Reinigung seien. Ihr Aufstand schaffe die Voraussetzung für eine Welt, in der die rechte Verkündigung stattfinden könne. Müntzer bestärkte die Bauern, Gottes Gericht zu vollstrecken: „Dran, solange das Feuer heiß ist. Lasset euer Schwert nicht kalt werden!“

Die Stadt Mühlhausen wurde von den Aufständischen eingenommen, Müntzer wirkte als Prediger dort und gewann großen Einfluss in der „freien Stadt“, die er zum Modell einer Stadt des angebrochenen Gottesreiches machen wollte. Den herannahenden Fürstenheeren zog er zusammen mit 300 Anhängern entgegen nach Frankenhausen in Thüringen, wo sie zusammen mit den Bauernheeren die Entscheidungsschlacht führten. Ein Regenbogen – von Müntzer schon zuvor als Symbol gewählt – beleuchtete tatsächlich am 15. Mai die Szene. „Gott will mit eurer Hilfe die Welt reinigen, kämpft mutig!“ ermunterte er die Aufständischen.

Als Vorläufer des Kommunismus vereinnahmt

Die hatten gegen die Landskechte der Fürsten und deren Feuerwaffen keine Chance, Panik brach aus, die Bauern versuchten in kopfloser Flucht sich zu retten. 6000 von ihnen ließen ihr Leben, Müntzer wurde gefangen genommen. Er deutete die Niederlage als Strafe Gottes, weil die Bauern für ihren eigenen Vorteil und nicht für das Reich Gottes gekämpft hätten. Auch unter Folter widerrief er seine Lehren nicht und wurde daraufhin hingerichtet. Sein Kopf wurde auf einen Pfahl gespießt und zur Abschreckung vor den Toren von Mühlhausen aufgestellt.

Thomas Müntzer blieb im Gedächtnis, weil er die Bauern in ihrem von christlichen Hoffnungen getragenen Aufstand gegen ihre Unterdrückung und Leibeigenschaft untestützt hat, während Martin Luther sich auf die Seite der Fürsten stellte. Der Name Müntzer erinnerte immer wieder an das soziale Gewissen von Kirche und Gesellschaft. Dass die Staatsführung der ehemaligen DDR ihn als Vorläufer des Kommunismus vereinnahmte, war nur eines der vielen Missverständnisse, das er posthum zu ertragen hatte. Die DDR gab seinem Geburts- und seinem Sterbeort den offiziellen Namenszusatz „Thomas-Müntzer-Stadt“ und bildete ihn auf der 5-Mark-Banknote ab.