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Der kleine Martin spielte mit Murmeln Luthers Kindheitsstädte bereiten sich auf das Reformationsjubiläum vor

Oft werden Eisleben und Mansfeld zum Reformationsjubiläum erst nach Wittenberg genannt. Doch die beiden Städte wollen sich 2017 als authentische Lutherorte ebenbürtig präsentieren, sind sie doch von seiner Geburt bis zum Tod mit Luther verbunden.

Museum Luthers Elternhaus
Das „Museum Luthers Elternhaus“ in Mansfeld befindet sich gegenüber des Elternhauses von Martin Luther
(Bild: Steffen Schellhorn / © epd-bild)

Der Markt mit dem Denkmal, das Rathaus, die Andreaskirche und das Sterbehaus: Wie aufgefädelt wirken die Lutherstätten und Gebäude aus der Reformationszeit in Eisleben. Einige Straßen weiter stehen das Geburtshaus von Martin Luther (1483-1546) und die Petri-Pauli-Kirche, in der der Reformator getauft wurde. Die Stadt im Südharz putzt sich für das 500. Reformationsjubiläum 2017 heraus.

Zentrum der Taufe Luthers

Doch es fehlt das Luther-Denkmal, das der Bildhauer Rudolf Siemering im Jahr 1883 zu Luthers 400. Geburtstag schuf. Bis Oktober sollen vor allem der steinerne Sockel und die Stufen restauriert werden. Bis dahin müssen die Besucher mit einem Bauzaun mit lutherischen Motiven und einer vier Meter hohen Denkmal-Imitation vorliebnehmen.

„Für Luther war die Taufe das wichtigste Ereignis in seinem Leben, das er mit Eisleben verband“, sagt der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Stefan Rhein. Ein dem späten Mittelalter nachempfundener kirchlicher Taufraum und ein Taufstein von 1518 sind deshalb wichtige Teile der Dauerausstellung in Luthers Geburtshaus. Es stammt im Kern aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wurde aber nach einem Stadtbrand 1689 neu gebaut.

Wie die anderen Lutherstätten in Eisleben und Mansfeld auch wurde es modernisiert. Allein in die Museen in Eisleben und Mansfeld, diverse Ausstellungen, ein Lutherarchiv und die Sanierung der Petrikirche, heute das „Zentrum Taufe“, wurden seit 2007 rund 18 Millionen Euro investiert. Die vier Museen der Stiftung Luthergedenkstätten in Wittenberg und Eisleben sowie die Wittenberger Stadtkirche und die Schlosskirche sind UNESCO-Weltkulturerbe.

„Geburtshaus“ Martin Luthers
Das „Geburtshaus“ Martin Luthers (1483-1546) in Eisleben (Bild: Steffen Schellhorn / ©epd-bild)

Lutherorte im Schatten Wittenbergs

In Eisleben wohnte der kleine Martin nach seiner Geburt am 10. November 1483 nur sechs Monate, dann zogen die Luthers ins gut zehn Kilometer Luftlinie entfernte Mansfeld, wo er 14 Jahre verbrachte. Später hielt sich Luther immer wieder in Eisleben auf, wo er auch am 18. Februar 1546 starb. In dem umgebauten Ensemble, das seit 1726 als sein Sterbehaus bezeichnet wird, illustriert die Ausstellung „Luthers letzter Weg“ seine letzte Reise, auf der er einen Streit der Mansfelder Grafen schlichten wollte.

Mansfeld sei viel mehr Heimat für Luther gewesen als Wittenberg, betont Rhein. Die Verbindung ziehe sich durch das ganze Leben des Reformators. „Die Eröffnung des Elternhaus-Museums mit der Ausstellung 'Ich bin ein Mansfeldisch Kind' vor zwei Jahren hat Mansfeld wieder auf die Luther-Landkarte gesetzt“, sagt Rhein.

Das Mansfelder Museum gilt als die weltweit einzige Einrichtung, die Luthers Kindheit gewidmet ist. Zu sehen sind zum Beispiel drei tönerne Murmeln, mit denen Martin gespielt haben soll, eine Schulordnung und Keramikscherben aus dem Lutherhaushalt. Gefunden wurde die Hälfte der rund 230 Exponate 2003 bis 2011 von Archäologen in den Fundamenten des Hauses. Als verblüffendste Entdeckungen galten Knochenreste aus der Abfallgrube, danach gehörten auch Singvögel zum Speiseplan der wohlhabenden Familie.

St. Petri-Pauli-Kirche
Die evangelische St. Petri-Pauli-Kirche in der Lutherstadt Eisleben (Bild: Steffen Schellhorn / © epd-bild)

Reformationsjubiläum als Chance

Als Lutherorte stehen Eisleben und Mansfeld also Wittenberg in nichts nach, wo die Reformation 1517 mit dem Thesenanschlag ihren Ausgang nahm. Dennoch scheinen beide Städte im Schatten der Elbestadt zu stehen. Hinzu kommt der Niedergang des Bergbaus, der die Region rund 800 Jahre bestimmt hatte. Mit dem Zusammenbruch von DDR und Bergbau gingen in der Region etwa 30.000 Arbeitsplätze verloren. Eisleben hatte vor 1989 noch rund 30.000 Einwohner, derzeit sind es 18.500.

Oberbürgermeisterin Jutta Fischer (SPD) sieht im Reformationsjubiläum für Eisleben „große Chancen, den guten Ruf der Lutherstadt auch international weiter zu verbreiten“. Eisleben und Mansfeld erwarten mehr Gäste. Vor allem viele Individualtouristen würden lieber den Massenveranstaltungen in Wittenberg entgehen und andere authentische Lutherstätten erkunden, erklärt die Stadtinformation.

Zum Reformationsjubiläum 2017 sind umfangreiche Programme geplant. Zum Beispiel sind dies in Eisleben im November ein Martin-Luther-Geburtstagsfest mit historischem Markttreiben und einem Treffen von Menschen, die Luther heißen, sowie im Juni der Sachsen-Anhalt-Tag unter dem Motto „Die Welt zu Gast in Luthers Heimatstadt“.


Der Beitrag ist der erste Teil einer Serie von Porträts von Lutherstädten. Anläßlich des bevorstehenden 500. Reformationsjubiläum werden zehn Orte vorgestellt, die mit dem Leben des Reformators eng verbunden sind. Nächste Station: Erfurt 

Teil 2: Wenig Schlaf für den jungen Luther – In Erfurt wandelte sich der wohlhabende Student zum Bettelmönch

Teil 3: Als Mönch zu Fuß nach Rom – Touristen auf Luthers Spuren können Interessantes entdecken

Teil 4: Im Epizentrum der Reformation

Teil 5: Als Martin Luther die Jugend begeisterte – Mit der „Heidelberger Disputation“ geht ein Traum des Reformators in Erfüllung

Teil 6: Der Reformator widersteht der Macht – Vor Kaiser und Kirche hält Martin Luther in Worms an seiner Lehre fest

Teil 7: Viel Arbeit für den Verbannten auf der Wartburg – In Eisenach ging der spätere Bibelübersetzer Martin Luther zur Schule 

Teil 8: Der Reformator bleibt seiner Überzeugung treuIn Marburg konnten sich Luther und Zwingli nicht über das Abendmahl einigen

Teil 9: Als Martin Luther aus der Ferne den Reichstag verfolgte In Augsburg und Coburg hat der Reformator historische Spuren hinterlassen

Teil 10: Martin Luther im Machtzentrum protestantischer Politik – Torgau ist einer der Hauptorte der Reformationsgeschichte

Informationen

Autor:Karsten Wiedener und Wiebke Rannenberg Quelle:epd Datum:25-07-16
Schlagworte:
Eisleben, Mansfeld, Reformationsjubiläum, Lutherstädte, Martin Luther

Leben & Wirken

In seinem Leben wandelte sich Martin Luther vom Mönch zum Reformator. Seine 95 Thesen gegen den Ablass in Wittenberg markieren den Beginn der Reformation.

Lutherstadt Eisleben

In Eisleben ist der Reformator Martin Luther am 10. November 1483 geboren, und dort ist er auch gestorben. Obwohl die Familie nur vorübergehend in Eisleben wohnte, ist Luthers Leben vielfach mit den Geschicken der Stadt verknüpft.

Mansfeld

Kurz nach Martin Luthers Geburt in Eisleben siedelte die Familie von Eisleben nach Mansfeld um, dem Hauptort der Grafschaft und Zentrum des Kupferschieferbergbaus. Dort verbrachte der Reformator seine Kindheit.