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Zerbst/Anhalt will Theatergeschichte schreiben – Prozessionsspiel als multimediales Theaterstück

Der Marktplatz in Zerbst. Hier wird das Prozessionsspiel im September aufgeführt. (Bild: Stadt Zerbst/Anhalt)

Das Zerbster Prozessionsspiel, eines der ältesten nachgewiesenen Prozessionsspiele im deutschsprachigen Raum, galt lange als verschollen. Als Beitrag zum Reformationsjubiläum soll es im September in neuer Form aufgeführt werden.

Erstmals nach rund 500 Jahren wird das Zerbster Prozessionsspiel vom 8. bis 10. September auf dem Markt der Stadt in Anhalt mit Laienschauspielern wieder aufgeführt. Die Proben dafür laufen bereits auf Hochtouren, sagte der künstlerische Leiter und Regisseur des Projektes, Hans-Rüdiger Schwab, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zahlreiche Gruppen aus der Stadtverwaltung, Kirchen, Vereinen und Schulen beteiligen sich an der Aufführung.

Das Zerbster Prozessionsspiel ist eines der bedeutendsten Prozessionsspiele im deutschsprachigen Raum. Schon 1490 wurde es erstmals urkundlich in der Zerbster Stadtgeschichte erwähnt. Die Prozessionen entwickelten sich zwischen 1507 und 1522 zu einem Großereignis mit bis zu 2500 Mitwirkenden. Die Aufführungen wurden von Bürgern gestaltet. Die mittelalterlichen Handschriften des Zerbster Prozessionsspiels – Textbücher und Regiebuch – galten nach dem Zweiten Weltkrieg als verschollen und wurden erst 2012 im Historischen Stadtarchiv wiederentdeckt. Mit der Prozession sollten die Bibelinhalte bildlich dargestellt und den Bürgern vermittelt werden.

Neuinszenierung als Bühnenstück auf dem Marktplatz

„Die Neuinszenierung stellt einen Brückenschlag in die Gegenwart her“, sagte Schwab. Zugleich sei es eine Konfrontation mit den eigenen Wurzeln. „Es wird keinen musealen Umzug geben“, sagte Schwab. Stattdessen werde das Stück auf einer Bühne auf dem Zerbster Markt inszeniert und der alte Text in die heutige Zeit übertragen. Die alte Vorlage aus dem Spätmittelalter könne nicht mehr wie damals einfach umgesetzt werden. So sei auch zu berücksichtigen, dass das Stück heute in einer säkularisierten Gesellschaft präsentiert wird.

Probe für das Prozessionsspiel (Bild: Eulenspiegel Multimedia Magdeburg)

Der Theologe sagte weiter, es sei ihm wichtig gewesen, ein multimediales Theaterstück umzusetzen. In die einzelnen Szenen würden „gebrochene Elemente eingebaut, die wichtig für die Gegenwart sind“. Es gebe Musik, Licht und Videoelemente. Beispielsweise könne HipHop als Musikelement eingebaut oder moderne Märtyrer wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King vorgestellt werden.

Das Stück soll auch zur Auseinandersetzung mit der Geschichte und dem christlichen Glauben anregen: „Mit der Neuinszenierung setzen wir Impulse für das Publikum.“ Das Zerbster Prozessionsspiel als eine Vorform des Theaters sei eine „Besonderheit“, so Schwab. Die Neuinszenierung sieht er als sehr spannende Aufgabe und „reizvolle Herausforderung“. Schwab arbeitet seit 1996 als Professor an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Münster. Theatererfahrung sammelte er unter anderem als Dramaturg am Schauspielhaus in Zürich.

Etwa 350 Mitwirkende zwischen 8 und 78 Jahren

Rund 350 Bürger im Alter von 8 bis 78 Jahren beteiligen sich an der Aufführung des Prozessionsspiels. Alle seien mit Herz und Seele dabei. Insgesamt werden 23 Szenen umgesetzt. Die Stadtverwaltung beteiligt sich ebenso wie ländliche Vereine. „Diese Vielfalt macht ein zusätzliches Faszinosum aus“, sagte Schwab. Die evangelische Gemeinde übernehme die Passionsszene, die katholische Gemeinde die mariologische Szene.

Die Neuinszenierung des Zerbster Prozessionsspiels von 1507 ist ein Beitrag der Stadt Zerbst zum diesjährigen 500. Reformationsjubiläum. Damit werde eine wichtige Zeitphase unmittelbar vor der Reformation neu erlebbar gemacht und in der Zusammenarbeit mit den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden der Gedanke der Ökumene aufgegriffen, teilte die Stadtverwaltung mit. Der Kabarettist und Moderator Eckart von Hirschhausen, der auch Reformationsbotschafter ist, hat neben Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff die Schirmherrschaft für die Neuinszenierung übernommen.

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:epd/Stadt Zerbst Datum:20-03-17
Schlagworte:
Theater, Prozessionsspiel, Zerbst, Reformationsjubiläum

Zerbst

Schon 1522 kam Martin Luther auf Einladung des Rates der Stadt nach Zerbst und predigte unter anderem im Augustinerkloster. Seine neuen Ideen fielen hier schnell auf fruchtbaren Boden.

Info

„Zerbster Prozessionsspiel“

Markt, 39261 Zerbst

8. bis 10. September 2017
Karten ab 11 Euro

Weitere Informationen unter 
www.stadt-zerbst.de

Vorverkauf bei der Tourist-Information Zerbst und unter www.reservix.de