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Tischreden auf Pergament

Leipziger Museum zeigt von Luther inspirierte Werke Michael Triegels

Michael Triegel, Pietà, Verkündigung. 2015. Entwurf für Ostfenster St. Maria in Köthen. (Bild: © VG Bild-Kunst, Bonn)

Die Augen geschlossen, liegt das tote Küken auf einer Holzplatte. Bizarr stehen die verkrüppelten zartrosa Beinchen vom Körper ab. Über der toten Krähe prangt eine Kinderzeichnung. Sie zeigt einen bärtigen Mann, der ein Fähnchen hochhält.

Das Stillleben „Tod und Auferstehung“ des Leipziger Künstlers Michael Triegel nimmt Bezug auf eine der legendären Tischreden von Reformator Martin Luther. Er gehe darin der Frage nach, ob der Glaube an die Auferstehung heute eigentlich nur noch naiver Kinderglaube sei, sagte der Künstler zur Eröffnung in Leipzig.

Elf Stillleben auf Pergament

Elf in dezenten Ocker- und Brauntönen gehaltene, kleinformatige Stillleben hat Triegel im vergangenen Jahr geschaffen. Gemalt sind sie auf Pergament – dem Künstler zufolge eine Hommage an die ersten, zu Luthers Zeit erschienenen Bücher aus demselben Material.

Diese Werke sind ein Beitrag zum Leipziger „Kirchentag auf dem Weg“. Ergänzt wird die Schau „Michael Triegel – Logos und Bild“ von gut zwei Dutzend weiteren Werken des Malers zu christlichen Themen wie Gott, Tod und Dreifaltigkeit. Dazu sind auch die beiden großformatigen Entwürfe für die Fenster in St. Maria Himmelfahrt in Köthen ausgestellt, die in ihrer katholischen Ausrichtung die Spannungen in der Zeit Luthers dem Betrachter spürbar machen können und in diesem Kontext die Bemühungen um eine Ökumene heute aufzeigen.

Bekannt durch Papstporträt

Die Auseinandersetzung mit Luther sei ihm nicht leichtgefallen, betonte Triegel, der 1968 in Erfurt geboren wurde, in der DDR aufwuchs und später katholisch wurde. Bundesweit bekannt wurde er durch ein Porträt des früheren Papstes Benedikt XVI. Triegel lebt und arbeitet in Leipzig.

Michael Triegel, Tod und Auferstehung. Mischtechnik auf Pergament, 2016. (Bild: © VG Bild-Kunst, Bonn)

Vieles am Reformator sei ihm fremd gewesen, sagte der Künstler, unsympathisch gar. Jedoch müsse eine Person oder ein Thema, mit dem man sich künstlerisch auseinandersetze, auch nicht sympathisch sein. Im Gegenteil: An einer Person, an der man sich reibe, könne man sich ganz anders abarbeiten, „und vielleicht entsteht dabei auch eine besondere Wärme“, sagte Triegel.

Inspirieren ließ er sich dabei von einer Sammlung Luther'scher Tischreden des evangelischen Theologen und Dichters Christian Lehnert. So habe ihn etwa eine Tischrede zu Krankheit und Tod von Luthers Tochter Magdalena „persönlich tief berührt“ – und letztlich zu dem eingangs beschriebenen Bild mit Krähenküken und Kinderzeichnung inspiriert.

Tischreden brachten Luther menschlich näher

Die Beschäftigung mit den Tischreden habe ihm den Reformator menschlich näher gebracht, betonte Triegel. Sie zeigten Luther als Zweifler und einen nach Gott Suchenden, und das auf eine sinnliche, nicht abstrakte Weise. Von den Reden, die Luther während üppiger Mahlzeiten in häufig derber Sprache zu halten pflegte, existieren keine Originalhandschriften. 1566 erschienen sie erstmals gedruckt.

Die stellvertretende Museumsdirektorin Jeannette Stoschek lobte Triegels Malweise als „altmeisterlich und ästhetisch sehr schön“. Die nahsichtigen Stillleben seien symbolisch sehr aufgeladen. Der Künstler selbst beschrieb die Werke als vielschichtig, häufig gebe es mindestens zwei Deutungsebenen. Da Erklärtexte in der Ausstellung fehlen, wird es dem Betrachter allerdings nicht eben leicht gemacht, den Bezug zu Luther herzustellen.

Informationen

Autor:Johannes Süßmann/luther2017.de Quelle:epd/MdbK Leipzig Datum:31-05-17
Schlagworte:
Ausstellung, Martin Luther, Tischreden, Pergament, Kunst, Leipzig

Info

„Michael Triegel – Logos und Bild“

Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstraße 10
04109 Leipzig

Öffnungszeiten:
11. Mai bis 6. August 2017
Di und Do–So 10 bis18 Uhr
Mi 12 bis 20 Uhr.
Mo geschlossen
Feiertage 10 bis 18 Uhr 

Eintritt:
5 Euro, 3,50 Euro ermäßigt

Weitere Informationen:
Museum der bildenden Künste

Leipzig

In der Leipziger Disputation traten Martin Luther, Philipp Melanchthon und Karlstadt dem Ingolstädter Theologieprofessor Johannes Eck gegenüber und bezweifelten die alleinige Lehrautorität des Papstes.