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„Sprengkraft des reformatorischen Glaubens“ Brandenburg bereitet sich auf das 500. Reformationsjubiläum 2017 vor

Religion und Geld, Krieg und Macht: Die Reformation vor rund 500 Jahren hat auch in Brandenburg Spuren hinterlassen. Die Geschichte der kirchlichen Erneuerungsbewegung wird deshalb auch in der Mark zum Thema gemacht.

Museum „Mühlberg 1547“
Die neue Propstei und Museum „Mühlberg 1547“ in Brandenburg (Bild: Erik-Jan Ouwerkerk)

Luther, Melanchthon, Zwingli, Calvin – die bekannten Köpfe der Reformation verbindet wenig mit Brandenburg. Doch die Mark hat dennoch an der Kirchengeschichte der Reformationszeit mitgeschrieben: In Jüterbog soll der Prediger Johann Tetzel vor 500 Jahren die Ablassbriefe zum Sündenerlass verkauft haben, die Martin Luther (1483-1546) im nahen Wittenberg zu seinen berühmten kirchenkritischen 95 Thesen veranlassten. 

Im Schatten anderer Reformationsorte

Da Wittenberg damals zum Bistum Brandenburg gehörte, hat Luther seine Thesen auch an Bischof Hieronymus Schulz geschickt, seinen Vorgesetzten in Brandenburg an der Havel. Doch der soll sich nicht weiter darum gekümmert und sie an den nächsten Vorgesetzten weitergereicht haben, erzählt Rüdiger von Schnurbein vom Domstift Brandenburg.

Die Veröffentlichung der Thesen am 31. Oktober 1517 brachte dem Augustinermönch und Theologieprofessor Luther einen Prozess wegen Irrlehren und schließlich den Ausschluss aus der Kirche ein. Und sie gelten als Ausgangspunkt der kirchlichen Erneuerungsbewegung, der Reformation, und der Kirchenspaltung in Katholiken und Protestanten in Deutschland.

Beim Thema Reformation steht die Mark noch im Schatten berühmterer Orte in anderen Bundesländern. Bisher denke dabei „kaum jemand direkt an Brandenburg“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch (17. August) bei einer Fahrt zu märkischen Reformationsstätten. Deshalb will Woidke die Orte nun bekannter machen.

Tourismus setzt auf Schub durch das Reformationsjubiläum

Auch die Städte Herzberg und Mühlberg im einst sächsischen Süden Brandenburgs können mit direkten Verbindungen zur Reformation aufwarten: In Herzberg wurden bereits 1522 die traditionellen lateinischen Messen abgeschafft und protestantische deutschsprachige Gottesdienste eingeführt. Luther soll hier im selben Jahr zu Besuch gewesen sein, Philipp Melanchthon (1497-1560) ein paar Jahre später. Für das Gymnasium der Stadt hat Melanchthon seinerzeit auch eine Schulordnung verfasst, die dann in anderen Regionen Deutschlands übernommen wurde.

Und Mühlberg war 1547 Ort einer der größten und wichtigsten Schlachten um politische Vorherrschaft und Religion in Europa: Dort musste sich der Schmalkaldische Bund protestantischer Landesfürsten und Städte den Truppen des spanischen Kaisers Karl V. geschlagen geben. Die Gegenreformation und das Heilige Römische Reich trugen den Sieg davon. Der Konflikt gilt als erster Religionskrieg auf deutschem Boden.

Politik, Wirtschaft und Kultur in Brandenburg erhoffen sich wegen der historischen Bedeutung der Orte vom 500. Reformationsjubiläum 2017 auch einen Schub für den Tourismus. Die  Veranstaltungsreihe Kulturland Brandenburg widmet der Reformation unter dem Motto „Luther und die Folgen“ ihr kommendes Themenjahr. Einer der Höhepunkte soll die Ausstellung „Reformation und Freiheit“ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam werden, die im Herbst 2017 die „Sprengkraft der reformatorischen Glaubensinhalte“ zum Thema machen will. Die evangelische Kirche eröffnet ihr Jubiläumsjahr bereits in diesem Jahr am 31. Oktober, am 499. Jahrestag von Luthers Thesenanschlag.

Wo Tetzel den Ablasshandel betrieb

Offiziell wurde die Reformation 1539 von Kurfürst Joachim II. in der Mark Brandenburg eingeführt, dessen Vater Kurfürst Joachim I. noch erbitterter Gegner der lutherschen Lehren war. Das erste offizielle evangelische Abendmahl wurde am 1. November 1539 in der Spandauer Nikolaikirche gefeiert, die heute zu Berlin gehört.

Jüterbog und Mühlberg sind bereits vor einigen Jahren mit dem europäischen Kulturerbesiegel als Stätten der Reformation ausgezeichnet worden, bundesweit wurde es an 20 Erinnerungsorte vergeben. In beiden Städten erinnern auch Museen an die Reformationszeit.

Auch historische Gegenstände und Originaldokumente dazu finden sich in Brandenburg: Das evangelische Domstift in Brandenburg an der Havel bewahrt einen Briefwechsel zwischen Domkapitel und Kirchenverwaltung zur Umsetzung der neuen Kirchenordnung und einen Ablassbrief von Dietrich von Hardenberg aus dem Jahr 1521 auf, der als letzter Ablass eines brandenburgischen Bischofs gilt. Und der historische Jüterboger Ablasskasten, in dem der Dominikanermönch Tetzel einst seine Einnahmen aufbewahrte, steht heute in der evangelischen Nikolaikirche der Stadt.

Informationen

Autor:Yvonne Jennerjahn Quelle:epd Datum:18-08-16
Schlagworte:
Reformationsjubiläum, Brandenburg, Jüterbog, Mühlberg,

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