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Luther zackig: Briefmarken erzählen von der Reformation

Luther with serrated edges: postage stamps tell about the Reformation

Hellfried Tröger
(Foto: Rieke C. Harmsen)

Die Zacken haben es ihm angetan: Seit über dreißig Jahren sammelt Hellfried Tröger aus dem oberbayerischen Bad Bayersoien Briefmarken. Wenn er die dicken grünen oder braunen Alben aus dem Wohnzimmerschrank zieht, leuchten seine Augen. Vor allem ein Album schaut er gerne an: "Ich sammle alle Briefmarken, die sich mit Martin Luther und der Reformation beschäftigen", erklärt Tröger.

Mit seiner Kollektion dürfte der Rentner ziemlich einmalig sein in Deutschland. Auf den Philatelie-Ausstellungen, die Tröger regelmäßig besucht, ist ihm jedenfalls noch kein Sammler begegnet, der sich ebenfalls so für "das Evangelische" in den Briefmarken interessiert wie er.

Angefangen hat alles mit einer Zehn-Pfennig-Briefmarke der Deutschen Bundespost. Die grüne Marke mit dem Konterfei Luthers wurde aus Anlass der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes im Jahr 1952 verbreitet. Das Porträt des Reformators gefiel Tröger so gut, dass er beschloss, nach thematisch passenden Marken zu suchen. "Luther-Briefmarken gibt es gar nicht so viele", musste Tröger konstatieren. Also suchte er nach Briefmarken, die sich nicht nur mit der Person, sondern auch mit den Lebensstationen und der Reformation im weiteren Sinne beschäftigen. Inzwischen umfasst seine Sammlung über 100 Exemplare.

Viel über die Geschichte gelernt

Fein säuberlich hat Tröger die bunten Marken in ein Album geklebt und beschriftet. "Dabei habe ich viel über die Geschichte der Reformation gelernt", sagt Tröger und lacht. Tatsächlich ist die Sammlung eine kleine Lutherausstellung: Zu Beginn steht eine alte DDR-Briefmarke mit der Darstellung von Luthers Mutter Margarete, dann geht es weiter mit den Lebensstationen Luthers als Mönch, Gelehrter und Reformator - Luther auf der Wartburg bei Eisenach, Luther vor dem Reichstag in Worms 1521, Luther mit seinem Katechismus.

Viele Briefmarken stammen noch aus der Zeit vor der Wende, als Tröger noch in seiner sächsischen Heimatstadt Kamenz im Landkreis Bautzen lebte, wenige Kilometer vor Dresden. "Ich bin konfirmiert worden und habe 1964 in einer evangelischen Kirche geheiratet", betont Tröger, "das hat mein Leben geprägt". Das Gefühl, zu einer Minderheit zu gehören, habe ihn nie verlassen, erklärt er, denn "auch in Oberbayern leben wir in der Diaspora". In Bad Bayersoien im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, wo der Pensionär inzwischen wohnt, gibt es knapp 70 Evangelische.

Hartes Feilschen um den Preis

Mit Seltenheitswert kennt sich Tröger aus: "Manchmal habe ich mehr als ein Jahr nach einer bestimmten Briefmarke gesucht", erzählt er. Oft musste er hart um den Preis feilschen, manches Mal zahlte er mehrere hundert Euro, bevor die ersehnte Marke in das Album einsortiert werden konnte. Für einige Sondermarken und die besonderen Ersttagsstempel auf den Belegen reiste er sogar durch die Republik: In Wittenberg ergatterte er 1996 die Gedenkmarke zum 450. Todestag des Reformators, und im Jahr 2009 wurden die Luthergedenkstätten in Eisleben und Wittenberg zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt.

Im Laufe der Jahre weitete sich die Sammlung aus, es kamen auch Münzen hinzu. Inzwischen dokumentieren die Marken und Münzen wichtige kirchliche Ereignisse wie die Augsburger Confessio Augustana, die Kirchentage in Deutschland und Österreich oder ökumenische Ereignisse wie den ersten ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin. Auch die Musik spielt eine bedeutende Rolle, schließlich "war die Musik der Herzschlag der Reformation", wie Tröger findet.

Das Leben als Frommwerden

So berühmt wie die Briefmarkensammlung des Reichspostmuseums in Berlin, die sich heute im Museum für Kommunikation befindet, wird Tröger Sammlung wohl nie werden. Aber das stört den Pensionär nicht: "Ich halte es wie Luther: Für mich ist Leben nicht nur ein Frommsein, sondern ein Frommwerden. Und dazu gehört Geduld. Wie beim Briefmarken sammeln".

Informationen

Autor:Rieke C. Harmsen Quelle:epd Datum:07-09-13
Schlagworte:
Reformation, Briefmarken, Philatelie