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Kunst im Knast – oder Luther und die Avantgarde!

Das Reformationsjubiläum wird von einem zeitgenössischen Kunstprojekt begleitet. Unter dem Titel „Luther und die Avantgarde“ wird in Wittenberg das alte Gefängnis zum Ausstellungsraum.

Ehemaliges Gefängnis in Wittenberg
Das ehemalige Gefängnis in Wittenberg wird zum Ausstellungsraum (Bild: Rolf Zöllner)

Internationale Gegenwartskunst trifft auf Reformation. Zum 500. Reformationsjubiläum wirft das große Ausstellungsprojekt „Luther und die Avantgarde“ einen zeitgenössischen Blick auf die Reformation. Von Mai bis September 2017 werden Werke von rund 60 namhaften und internationalen Künstlern in Wittenberg, Berlin und Kassel ausgestellt. 

Freiheit als Themenschwerpunkt 

Ai Weiwei, Markus Lüpertz, Isa Genzken, Olafur Eliasson, Assaf Gruber – in Wittenberg stellen im kommenden Jahr Künstler aus aller Welt ihre Sicht auf die Reformation und aktuelle gesellschaftliche Fragen vor. Für das Projekt „Luther und die Avantgarde“ werden sie zum Reformationsjubiläum frühere Gefängniszellen mit ihren Kunstwerken neu ausstatten. Zwei kleinere Begleitausstellungen in Berlin und Kassel runden das Projekt ab.

Im Mittelpunkt der Schau steht Luthers Idee von der „Freiheit eines Christenmenschen“, der Freiheit von Glauben und Gewissen, erklärte Margot Käßmann bei der Vorstellung der Pläne in der vergangen Woche. Bei dem Projekt gehe es aber nicht um religiöse Bilder. Vielmehr gehe es um die Auseinandersetzung mit dem Gedankengut Martin Luthers, betonte die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Dies sei Luthers „bahnbrechende Erkenntnis“gewesen, mit der auch der Toleranzgedanke in die Welt getragen worden sei. 

„Offen für negative Erkenntnisse“

Ziel des Projekts sei auch, die „Widersprüchlichkeiten einer so bedeutenden Figur wie Luther zum Ausdruck“ zu bringen und dabei auch seinen Antijudaismus zum Thema zu machen, sagte Kay Heymer, einer der Kuratoren der Ausstellung. Die Ausstellung „Luther und die Avantgarde“ sei deshalb offen für „negative Erkenntnisse“.

Kirche und Kunst seien über Jahrhunderte hinweg „Hand in Hand gegangen“, sagte Berlins früherer Kulturstaatssekretär André Schmitz, Beiratsvorsitzender der Ausstellung. Dies sei im vergangenen Jahrhundert jedoch „etwas flüchtig geworden“ und „häufig auch ein Tabuthema“ gewesen. Die Resonanz der Künstler sei dennoch überwältigend gewesen, sagte Schmitz: „Wir hätten auch ein größeres Gefängnis füllen können.“

Etwa die Hälfte der Arbeiten sind neue Werke, die zum Teil auch erst in den Gefängniszellen entstehen sollen. Geplant sei eine Bestandsaufnahme zeitgenössischer Kunst, sagte der Sprecher des Kuratoriums und Vorsitzende der Stiftung für Kunst und Kultur, Walter Smerling. Auch Kirchenkritiker sind eingeladen: In der St. Matthäus-Kirche am Berliner Kulturforum ist eine kleine Ausstellung mit Werken aus dem 2013 entstandenen Zyklus „Scapegoating Pictures“ der britischen Künstler Gilbert & George geplant.

Kuratoren sind unter anderem Susanne Kleine von der Bundeskunsthalle in Bonn, Dimitri Ozerkov vom Kunstmuseum Eremitage in St. Petersburg und die Kunsthistorikerin Dan Xu von der Stiftung für Kunst und Kultur. Zu dem rund vier Millionen Euro teuren Ausstellungsprojekt steuert die EKD rund 2,5 Millionen Euro bei. „So viel Geld hat meine Kirche schon lange nicht mehr für Kunst ausgegeben“, sagte Schmitz: „Ich zahle gerne meine Kirchensteuer, wenn sie so für Kunst und Kultur ausgeben wird.“

Informationen

Quelle:epd Datum:18-10-16
Schlagworte:
Luther und die Avantgarde, Kunstausstellung, Reformationsjubiläum

Wittenberg – Auf dem Weg zum Gesamtkunstwerk