Die Augsburger sind standhaft geblieben – trotz des Regens: Eine gute halbe Stunde lang mussten die Besucher beim Freiluftgottesdienst auf dem Augsburger Rathausplatz im Nieselregen ausharren. Gegangen ist deshalb keiner der etwa 3000 Gäste. Stattdessen malten sie später, als der Regen aufgehört hatte, die Füße ihrer Sitznachbarn mit Kreide auf den Platz – als sichtbares Zeichen protestantischer Standhaftigkeit.
„Standhaft. Mutig. Frei“ – so lautete das Motto des evangelischen Festgottesdienstes zum Jahrestag des „Augsburger Bekenntnisses“. Die „Confessio Augustana“ wurde 1530 beim Reichstag erstmals in Augsburg verlesen. Auch damals harrten die Bürger standhaft vor dem Kapitelsaal der Bischöflichen Residenz aus, allerdings in sengender Hitze. Drinnen wurde derweil die erste große lutherische Bekenntnisschrift verlesen, die Philipp Melanchthon an Kaiser Karl V. übergeben hatte. Wegen der Schwüle soll ein Bediensteter die Fenster geöffnet haben. So bekamen die Neugierigen im Hof gleich mit, was in der „Confessio“ stand, und die neue Lehre Martin Luthers konnte sich schnell verbreiten.
Martin Luther, Freund Melanchthons, konnte der Verlesung der Confessio auf dem Augsburger Reichstag nicht beiwohnen. Er musste auf der Veste Coburg verharren, weil er im Reich wegen seiner Opposition zu Kaiser und katholischer Kirche „vogelfrei“ war.
Bis heute ist die „Confessio Augustana“ die zentrale Bekenntnisschrift der lutherischen Kirchen weltweit. Mittlerweile jedoch trenne sie die christlichen Konfessionen nicht mehr, sondern verbinde sie eher, sagt Heinrich Bedford-Strohm: „Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass eine Welt, die gekennzeichnet ist von Konflikten und Spaltungen genau dieses Zeugnis der Christen jetzt braucht“, betonte Bayerns evangelischer Landesbischof in seiner Predigt beim Augsburger Gottesdienst.
Die Christen, die sich damals der Reformation anschlossen, seien „standhaft, mutig und frei“ für ihren Glauben eingestanden, erläuterte Bedford-Strohm. Sich daran zu erinnern, bedeute: „Wir werden uns nie damit abfinden, dass Menschen deswegen verfolgt oder sogar umgebracht werden, weil sie einfach nur ihrem Gewissen folgen und ihren Glauben leben wollen.“