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Eisenacher Ausstellung zeigt Luther aus katholischer Sicht

Bischöfin Ilse Junkermann von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der katholische Bischof von Erfurt, Ulrich Neymeyr, haben die Schirmherrschaft der Ausstellung inne. (Bild: Stiftung Lutherhaus Eisenach/Sascha Willms)

Eine ungewöhnliche Perspektive auf Luther steht im Mittelpunkt einer Ausstellung im Eisenacher Lutherhaus. Die Schau „Ketzer, Spalter, Glaubenslehrer“ zeigt Martin Luther aus katholischer Sicht. Sie wurde am Mittwochabend (12.4.17) im Beisein der Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, und des katholischen Bischofs von Erfurt, Ulrich Neymeyr, eröffnet. Beide haben auch die Schirmherrschaft für die Exposition übernommen.

In den vergangenen Jahrhunderten habe die Sicht der Katholiken auf den Reformator Martin Luther einen „geradezu dramatischen Wandel“ erfahren, erklärte der wissenschaftliche Leiter und Kurator des Lutherhauses, Jürgen Birkenmeier. Der mit 200 Pappkartons errichtete Ausstellungsparcours führt daher durch die zumeist konfliktreiche gemeinsame Geschichte der Konfessionen bis in die heutige Zeit. „Wir zeigen, warum Luther auf katholischer Seite heute nicht mehr als Ketzer und Spalter, sondern als bedeutende Figur der Kirchengeschichte und sogar als Glaubenslehrer gesehen werden kann“, erläuterte Birkenmeier weiter.

Dieser Sicht schlossen sich die Bischöfe in ihren Grußworten an. Der Dreiklang des Titels der Ausstellung „Ketzer, Spalter, Glaubenslehrer“ zeige bereits die Vielfalt und die Entwicklung der katholischen Lutherforschung, sagte Ulrich Neymeyr. Erst im 19. Jahrhundert habe sie begonnen und zunächst die historische Methode zur Verteufelung oder Pathologisierung des Reformators genutzt. „Der Ruf nach historischer Gerechtigkeit öffnete später den Weg zu einer kirchengeschichtlichen Selbstkritik, die in religiöser Anerkennung mündete“, so der katholische Bischof.

Vielfältige Anstrengungen zur Ökumene

Ilse Junkermann erinnerte an die vielfältigen ökumenischen Anstrengungen beider Konfessionen bis hin zum gemeinsamen Gottesdienst mit Papst Franziskus im schwedischen Lund am Reformationstag 2016. Ein Blick auf eine so streitbare und umstrittene Person wie Martin Luther helfe gegen Vereinnahmungen für die eigene Sache, „die ja auch immer eine Verkürzung ist.“

Brillen filtern die unterschiedlichen Aussagen heraus. (Bild: © Stiftung Lutherhaus/Sascha Willms)

Viele der Zitate, die die Wände der neuen Sonderausstellung schmücken, „verraten“ sich durch ihre Farbigkeit. Brillen mit einer blauen und einer roten Optik lassen die gleichfarbige Schrift für den Betrachter verschwinden: Schaut der Besucher etwa mit einem geschlossenen Auge durch die rote Folie, ist die blaue katholische Schmähung „Satansapostel“ zu lesen. Schließt er das andere, kommt dagegen das rote „Antichrist“ als Beleidigung des Papsttums zum Vorschein.

Fünf Kapitel für fünf Jahrhunderte Lutherbild

In insgesamt fünf Kapiteln folgt die Ausstellung dem Wandel des katholischen Lutherbilds. Den Ausgangspunkt bildet Martin Luther als engagierter Augustinermönch, der Missstände in seiner Kirche beseitigen, aber keine neue Kirche gründen wollte. Schon im zweiten Ausstellungskapitel wird die kontroverse Auseinandersetzung zwischen Luther und seinen katholischen Gegnern dargestellt. Dabei entstand auf katholischer Seite ein polemisch verzerrtes Lutherbild, das Jahrhunderte bestand. 

Dieses Lutherbild erfuhr im Rahmen des „Kulturkampfs“ unter Bismarck noch eine weitere Abwertung, wie das dritte Kapitel zeigt. Das vierte Kapitel befasst sich mit der langsamen Versachlichung in der Debatte um Luther nach der Beilegung des Konfliktes. Im fünften und letzten Kapitel wird die schrittweise Annäherung der katholischen und evangelischen Kirche in den letzten siebzig Jahren dokumentiert, die das Lutherbild nicht unberührt ließ. So bezeichnete Papst Johannes Paul II. Luther als „Lehrer im Glauben“.

Der Ausstellungsort, das Eisenacher Lutherhaus, könnte zeitweise die Bleibe des Reformators gewesen sein. Martin Luther (1483–1546) verbrachte von 1498 bis 1501 seine drei letzten Schuljahre in Eisenach, bevor er an die Erfurter Universität wechselte. Träger des Museums im Lutherhaus ist die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland über eine Stiftung.

Informationen

Autor:luther2017.de Quelle:epd/Lutherhaus Eisenach Datum:13-04-17
Schlagworte:
Ausstellung, Eisenach, Martin Luther, Katholische Perspektive, Lutherbild

Info

„Ketzer, Spalter, Glaubenslehrer – Luther aus katholischer Sicht“

Lutherhaus Ei­senach
Luther­platz 8
99817 Ei­senach

Öffnungszeiten:
Täg­lich 10–17 Uhr

Tickets:
Kombi­karte (Dauer- und Sonder­aus­stellung): 8 € / 6 € ermäßigt
Nur Sonderausstellung: 4 € / 6 € ermäßigt

Weitere Informationen
auf der Seite des Lutherhauses

Eisenach

Eisenach wird bis heute von seinem berühmtesten Wahrzeichen, der Wartburg, geprägt. Die Stadt wie ihre Burg, sind wichtige Stationen im Leben von Martin Luther.

Lutherhaus in Eisenach

Das Lutherhaus ist eines der ältesten erhaltenen Fachwerkhäuser Eisenachs. Es war lange Zeit im Besitz der Familie Cotta. Martin Luther soll hier während seiner Eisenacher Schulzeit, von 1498 bis 1501, gewohnt haben.