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Ein Blütenmeer für die Reformation

Fachwerkidyll in blühenden Landschaften: Mit der 3. Thüringer Landesgartenschau bereitet Schmalkalden der Reformation ein Blütenmeer. Seit einem halben Jahrtausend ist die Stadt südlich des Thüringer Waldes mit bewegter Geschichte verbunden.

(Foto: epd-bild/Norbert Neetz)

Das Himmelszelt im neuen Westendpark von Schmalkalden ist nicht zu übersehen. Mit seiner weit nach oben ragenden Spitze nimmt das offene Zeltdach die uralte Symbolik des Kirchenbaus auf. Als markantes Kennzeichen des kirchlichen Veranstaltungsorts zur 3. Thüringer Landesgartenschau, die am Samstag (25.04.) in der Südthüringer Stadt feierlich eröffnet wird, stehe das Zelt für Offenheit ebenso wie für Unterwegssein, sagt Pfarrer Dieter Dersch von der kurhessischen Kirche.

„Kleines Hessen und Thüringen“

Schmalkalden sei seit Jahrhunderten „das kleine Hessen und Thüringen“, sagt Pfarrer Dersch. Als Projektmanager der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck koordiniert er das umfassende kirchliche Programm zur Landegartenschau als Gemeinschaftsvorhaben von Partnern aus Kirche und Diakonie aus der Thüringer Region. Dass sie sich in Schmalkalden auf geschichtsträchtigem Boden bewegen, wird schon bei einem Blick vom Himmelszelt in Richtung Altstadt deutlich. Die weithin sichtbaren Türme der evangelischen Stadtkirche St. Georg markieren in der über tausendjährigen Stadt südlich des Rennsteigs den historischen Kern. Gekrönt wird das einzigartige und aufwendig sanierte Fachwerkensemble von der Wilhelmsburg. Sie war einst Sommerresidenz der hessischen Landgrafen, zu deren Herrschaftsbereich Schmalkalden seit dem 16. Jahrhundert gehörte.

(Foto: Landesgartenschau Schmalkalden 2015 )

Auf der Landesgartenschau erinnern mehrere Zeitgärten daran, dass die Stadt ihren Reichtum seit dem hohen Mittelalter dem Eisenerz und der Produktion von Kleinteilen aus Eisen und Stahl verdankte. Den Rohstoff dafür lieferten Erzgruben und Köhlereien in der Region. Schon im 14. Jahrhundert produzierten die verarbeitenden Betriebe mehr als die regionale Wirtschaft benötigte. Miteinander konkurrierende Unternehmen sorgten für ein reges Geschäftsleben.

Der Schmalkaldische Bund

Wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung wählten im Zeitalter der Reformation die protestantischen Landesherren aus den deutschen Landen die Stadt zum bevorzugten Ort für ihre strategischen Treffen. Besonderen Anteil daran hatte Landgraf Philipp von Hessen, dessen Thüringer Exklave bereits 1525 evangelisch wurde. Ende 1530 trafen sich in Schmalkalden die evangelischen Fürsten von Hessen, Kursachsen, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Lüneburg und Anhalt sowie 14 freie Reichs- und Hansestädte, um ihr Bündnis zu besiegeln. Ihrem Schutz- und Trutzbündnis gab die Stadt ebenso ihren Namen wie den „Schmalkaldischen Artikeln“, die am 24. Februar 1537 unterzeichnet und zu einem grundlegenden Dokument der Protestanten wurden. In den 15 Glaubensartikeln sparte Martin Luther (1483-1546) nicht mit scharfer Kritik am Papsttum, an der Reliquienverehrung, am Ablasshandel und an der Lehre vom Fegefeuer. Der Schmalkalder Fürstenkongress, der die Artikel schließlich verabschiedete, nahm das deutliche, aber kaum diplomatische Bekenntnis denn auch nur mit Zurückhaltung auf. Im Jahrzehnt darauf zogen die protestantischen Fürsten mit diesem geistigen Rüstzeug in den Schmalkaldischen Krieg – und wurden 1547 in Mühlberg an der Elbe vernichtend geschlagen. Gleichwohl oder gerade deshalb ist der einstige Schicksalsort der Protestanten eng mit der Reformationsgeschichte verbunden. Deren Spuren lassen sich während eines Gartenschau-Rundgangs zu den vier neuen Landschaftsparks leicht nachverfolgen.

Luther als Schwan

Besonders eindrucksvoll ist in der Nähe des neu gestalteten Terrassengartens am Schloss Wilhelmsburg ein imposanter Fachwerkbau am heutigen Lutherplatz. In dem Gebäude nahm Luther einst Quartier, woran seit 1687 ein imposantes Stuckrelief mit einem kunstvoll gestalteten Schwan erinnert. Die Inschrift zitiert Luthers Deutung eines Ausspruchs von Jan Hus (um 1369-1415), dessen Worte er auf sich selbst bezog: „Ihr rupft und bratet mich wie eine Gans, nach hundert Jahren kömmt ein Schwan, den wird man müssen leben lan.“ Luther also als Schwan, während Hus böhmisch für Gans steht. Der Reformator starb hundert Jahre vor den Wittenberger Thesen Luthers beim Konzil in Konstanz den Feuertod auf dem Scheiterhaufen.

Die 3. Thüringer Landesgartenschau Schmalkalden zeigt vom 25. April bis zum 4. Oktober 2015 Gartenkunst und Gartenhandwerk auf 13 Hektar Schaufläche.

Informationen

Autor:Thomas Bickelhaupt Quelle:epd Datum:24-04-15
Schlagworte:
Schmalkalden, Reformation, Reformationsgeschichte, Garten