Am 26. November feiert mit „Le prophète“ der letzte Teil des Meyerbeer-Zyklus der Deutschen Oper seine Premiere. In der Grand Opéra des deutsch-jüdischen Komponisten geht es um den historischen Wiedertäuferkönig Jean de Leyde. Vor dem Hintergrund der Wiedertäuferbewegung in Münster erzählt „Le prophète“ die Geschichte einer politischen Radikalisierung als private und öffentliche Katastrophe.
Mit dieser Oper brachte Meyerbeer 1849 eines der blutigsten Kapitel der Geschichte der Reformation auf die Bühne. Die radikale protestantische Sekte der Wiedertäufer, die 1535 ein kurzlebiges Regime errichteten, übt noch heute – dank ihrer Verbindung von religiösem mit präkommunistischem Gedankengut und von Terror mit der Vision eines „Reichs Gottes auf Erden“ – eine Faszination aus. Dabei war auch die Oper – nur ein Jahr nach der gescheiterten Revolution von 1848 – ein Kommentar zu den politischen Ereignissen der Gegenwart. Von dieser Relevanz hat sie auch im 21. Jahrhundert nichts verloren.
Meyerbeer erzählt diese Geschichte anhand historischer Figuren, wie eben Jean de Leyde. Als der despotische Graf Oberthal (Seth Carico) dem einfachen Gastwirt die Verlobte (Elena Tsallagova) raubt, schließt Jean de Leyde (Gregory Kunde) sich der Sekte der Anabaptisten an. Er wird – aus Protest gegen die Willkür der katholischen Obrigkeit quasi – zum charismatischen Führer der Wiedertäuferbewegung. Die gesellschaftliche Utopie wird jedoch von Machtrausch und Maßlosigkeit untergraben. Bereits zu Beginn des Stücks stacheln die Wiedertäufer mit der Frage „Wollt ihr die Herren eurer Herren sein?“ die Landbevölkerung auf. Es geht also nicht um eine klassenlose Gesellschaft, sondern um die Umkehrung der Machtverhältnisse.
Gleichzeitig ist die Oper ein Psychogramm der Mutter-Sohn-Beziehung zwischen Jean und dessen Mutter Fidès (Clémentine Margaine). Sie ist die eigentliche Kontrahentin der Hauptfigur und versucht ihren Sohn zur Umkehr zu bewegen – vergeblich. In der finalen Katastrophe der Grand Opéra sprengt Jean sich und hunderte Menschen in die Luft. Mit Enrique Mazzola steht erneut der Künstlerische Leiter des Orchestre National d’Île de France am Pult. Er arbeitete bereits an den Aufführungen von Meyerbeers „Dinorah“ und „Vasco da Gama“ an der Deutschen Oper. Regie führt der französische Schauspieler, Regisseur, Intendant und Autor Olivier Py. Der 52-Jährige ist bekannt für seine suggestive, an Anspielungen reiche Bildsprache und sein politisches Engagement.