Schon als Kind habe ihm sein Vater ein dickes Buch gezeigt mit der Ahnentafel, in die er mittlerweile auch aufgenommen ist als offizieller Nachfahre der Seitenlinie Martin Luthers, berichtet Jona Luther. Etwa 5000 Nachkommen des Reformators gebe es weltweit, sagt der Genealoge Hans Peter Werner von der Lutheriden-Vereinigung, in der sich Nachkommen und Verwandte zusammenfinden, die Ahnentafel pflegen und Familientreffen organisieren.
Werner, der in der zwölften Generation über Martin Luthers Sohn Paul aus der direkten Linie stammt, betont, dass nicht alle heute in Deutschland lebenden Menschen mit Nachnamen Luther auch tatsächlich mit ihm verwandt seien: „Manchmal ist der Name auch einfach entstanden oder Menschen haben sich bewusst so genannt.“
Name Luther in direkter Linie ausgestorben
Der Name Luther aus der direkten Linie des Reformators selbst sei um 1756 ausgestorben: „Danach gab es keine männlichen Vertreter mehr, die den Namen weitergaben“, sagt Werner. Wer heute Luther heißt und mit ihm verwandt ist, stammt also wie Jona aus der Seitenlinie von Luthers Bruder Jacob.
Jona Luther bedeutet seine Ahnentafel nicht allzu viel: „Ich fände es albern, mich selbst zu feiern, nur weil ich einen berühmten Verwandten habe.“ Zwar habe er aus dem elterlichen Pfarrhaus natürlich den christlichen Glauben mitgenommen. „Aber als junger Erwachsener habe ich mich eher anders orientiert, mich für Philosophie und andere Weltreligionen interessiert.“ Erst als er mit 30 Jahren seine koreanische Ehefrau kennenlernte, lebte er wieder den christlichen Glauben.
Der gelernte Versicherungsfachwirt, der fünf Kinder hat, machte eine zweijährige Ausbildung zum Prädikanten, wurde voll ordiniert und steht seitdem regelmäßig auf der Kanzel. Etwa sechs bis sieben Gottesdienste gestaltet er im Jahr. „Pro Gottesdienst bedeutet das eine Vorbereitungszeit von 30 bis 40 Stunden“, sagt er. All das tut Jona Luther ehrenamtlich, neben der vollen Berufstätigkeit.
Luther könne den Menschen heute noch einiges sagen, findet er: „Er hat viel erreicht und dabei großen Mut bewiesen.“ Heute gebe es wenige solche Menschen, „die auch unter Lebensgefahr widersprechen und sich treu bleiben“. Zudem habe der Reformator stets versucht, mit der Kraft seiner Worte zu überzeugen.
Jona Luther idealisiert seinen Vorfahren nicht
Doch Jona Luther idealisiert seinen berühmten Vorfahren nicht. Luther sei weder Liberaler noch Freiheitskämpfer gewesen, betont er. „Ihm ging es um die Schrift, die Bibel, von der er sich gebunden fühlte. Und wenn es ihm nicht gelang, jemanden von seinen Vorstellungen zu überzeugen, dann wurde er sehr grantig.“
Luther sei eine sehr komplexe Persönlichkeit gewesen, auch mit Schattenseiten. „Aber wofür ich ihn bewundere, ist, dass er die Gemeinde auch durch selbst verfasste Lieder zum Singen gebracht hat, was vorher nur Aufgabe des Chors war.“ Und er habe die Menschen durch seine Bibelübersetzung in die Lage versetzt, selbst die Bibel zu lesen. „Er hat sie dazu aufgefordert, Gottes Wort selbst und unmittelbar zu erfahren und zu hinterfragen, was die Kirche den Menschen als richtigen Glauben lehrte und überstülpen wollte.“ Alles in allem also ein Name, für den er sich nicht schämen muss.