Christina Aus der Au wird als Präsidentin des evangelischen Kirchentages am Himmelfahrtstag in Berlin mit Barack Obama reden und verspricht auch kritische Fragen an den früheren US-Präsidenten. Mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sprach die 51 Jahre alte Schweizer Theologin über das Gedenken an die Opfer der Fluchtbewegungen, den Dialog zwischen Christen und Atheisten sowie über die Frage, warum der Kirchentag eine AfD-Politikerin zum Gespräch eingeladen hat. Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag findet vom 24. bis 28. Mai in Berlin und Wittenberg statt.
epd: Frau Aus der Au, der evangelische Kirchentag hat sich in diesem Jahr Dialog als Grundhaltung auf die Fahnen geschrieben. Dialog setzt Positionen voraus: Wofür steht der Kirchentag?
Aus der Au: Der Kirchentag steht für das Engagement von Laien, von überzeugten Christinnen und Christen in einer großen Vielfalt von Ausprägungen, für ihre Verantwortung in Deutschland, in Europa, in der Welt.
Ein Höhepunkt des Kirchentags wird sicherlich der Auftritt des früheren US-Präsidenten Barack Obama vor dem Brandenburger Tor, gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ist das keine Unterstützung der CDU-Vorsitzenden so wenige Monate vor der Wahl?
Es geht nicht um parteipolitische Etikettierungen, sondern um unsere gemeinsame, globale Verantwortung für die Welt und wie wir ihr als Christinnen und Christen gerecht werden. Diese Debatte wollen wir mit meinungsbildenden Persönlichkeiten führen, und sie ist auch dringend notwendig. 2,2 Milliarden Christinnen und Christen leben auf der Welt, und als Kirchentag sind wir ein Teil davon. Wir engagieren uns, und wir wollen zum Besseren verändern. Das ist nicht Wahlkampf, sondern gründet in unserer christlichen Glaubensüberzeugung.
Sie selbst werden an dieser hochrangigen Veranstaltung gemeinsam mit dem EKD-Ratsvorsitzenden, Heinrich Bedford-Strohm, teilnehmen. Weiß der US-Präsident, dass der Kirchentag sich stets als eine Zeitansage versteht und viele Besucher sicher auch Antworten auf kritische Fragen erwarten – etwa zu seiner Rolle im Syrien-Konflikt oder zum Weiterbetrieb des Gefangenenlagers in Guantanamo?
Wir dürfen dem ehemaligen US-Präsidenten sicher zutrauen, dass er exzellent auf die Veranstaltung vorbereitet sein wird. Zudem werden Heinrich Bedford-Strohm und ich die Veranstaltung gemeinsam moderieren und also die wichtigen und auch kritische Fragen stellen.
Seit dem Kirchentag 2015 hat sich das Land verändert, nachdem mehr als eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Wie reagiert der Kirchentag darauf?
Wir haben einen Themenbereich Flucht, Migration, Integration. Aber wir beschäftigen uns nicht erst seit 2015 mit den Ursachen, die zur Flucht führen, mit dem Auseinanderklaffen von Arm und Reich, mit dem Klimawandel, mit Krieg und Frieden. Diese Themen haben wir jetzt vor dem neuen Horizont im Programm.
Vorgesehen ist eine Schweigeminute für die auf der Flucht umgekommenen Menschen. Was genau ist geplant?
Am Freitag des Kirchentags um zwölf Uhr machen wir eine Schweigeminute. Alle Programme, wo immer sie auch sind, in einer Diskussion oder in einem Film, werden dann ruhen. Wir wollen in dieser Minute nicht wohlfeile Lösungen anbieten oder Parolen vortragen, sondern einmal alles Reden unterbrechen. Und dieser Toten gedenken und trauern.